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Die Spezialschienen der Viennale 2017 im Überblick

Christoph Waltz wird auf der Viennale 2017 Tribut gezollt
Christoph Waltz wird auf der Viennale 2017 Tribut gezollt ©Universal Studios
Auch die diesjährige Ausgabe der Viennale wird neben dem Rahmenprogramm aus Spielfilmen und Dokumentionen mehrere Spezialprogramme zeigen. Einblick in die unterschiedlichen Schienen wird hier geboten.

Die 55. Viennale steht ganz im Zeichen ihres heuer verstorbenen Langzeitdirektors Hans Hurch. Einen nostalgischen Blick haben beispielsweise 14 Freunde und Weggefährten gewählt, die in memoriam Hurch jeweils einen Film ausgesucht haben.Weiters bieten die Sonderschienen eine Begegnung mit dem waltzschen Oeuvre, italienische Leckerbissen, analoge Filmkunst und das Wiedersehen mit einer Pionierin.

Hommage Hans Hurch (1952 – 2017)

20 Jahre lang hat er die Viennale geprägt: Hans Hurch war nicht nur einer der längstdienenden Kulturmanager des Landes, er hat mit seiner trockenen Art, seinem profunden Wissen und seinem Humor dem Festival ein Gesicht gegeben. Nach seinem überraschenden Ablebenim Sommer wurden nun 14 “ästhetische Komplizen” eingeladen, Filme in memoriam Hans Hurch auszuwählen. Patti Smith, Tilda Swinton, Ed Lachman und Jem Cohen – um nur einige zu nennen – sind dem Aufruf gefolgt. Hurchs Vorliebe für französische Filme wird mit Werken von Bresson, Godard oder Renoir ebenso abgebildet wie Klassiker von Ernst Lubitsch (“Trouble in Paradise”) und Brian Desmond Hurst (“Scrooge aka A Christmas Carol”). Eingeleitet werden die Werke von Viennale-Trailern, die in Hurchs Amtszeit entstanden sind.

Actor Unchained – Tribute to Christoph Waltz

Er ist Österreichs Hollywoodexport Nummer 1: Seit seiner mit einem Oscar prämierten Rolle in Quentin Tarantinos “Inglourious Basterds”, dem bekanntlich ein zweiter Goldjunge folgte, ist Christoph Waltz aus dem internationalen Filmgeschehen nicht mehr wegzudenken. Dabei wäre es zu einfach, Waltz auf das Image des perfiden, vielschichtigen Bösewichts zu reduzieren. Dieser liegt ihm zwar, wie er seit seinem Durchbruch immer wieder unter Beweis gestellt hat. Aber eigentlich sind seine Figuren stets Charakterköpfe, die gerne mal neben der Spur stehen. Anlässlich des Tribute-Programms für den diesjährigen Stargast der Viennale, zeigt sich das beispielsweise beim frühen “Kopfstand” (1981), aber auch Waltz als Schlagerkönig Roy Black (“Du bist nicht allein”) sowie einige seiner besten Hollywoodarbeiten dürfen in dieser Auswahl nicht fehlen. Waltz selbst wird am 24. Oktober bei einem Galaabend im Gartenbaukino Rede und Antwort stehen.

Raymond Depardon – Wahn und Wahrheit

Klein, aber fein ist die Schiene zum Schaffen von Raymond Depardon: In “San Clemente” widmete sich der Franzose 1980 einer psychiatrischen Anstalt auf der gleichnamigen Insel vor Venedig. Acht Jahre später folgte die Auseinandersetzung mit der Notfallaufnahme einer psychiatrischen Abteilung in einem Pariser Krankenhaus (“Urgences”), und heuer entstand schließlich “12 Jours”, in dem Depardon zehn Fälle von Zwangseinweisungen dokumentierte. Was gilt als verrückt, was als normal – und welches Verhältnis hat die Gesellschaft zu jenen Personen, die sich konventionellen sozialen Kategorisierungen entziehen? Der Filmemacher hat mit seinen Arbeiten eine vielseitige und sehr einfühlsame Aufarbeitung geschaffen.

Napoli! Napoli! Die Entstehung des Neuen Neapolitanischen Kinos

Zwölf seit 1990 entstandene Arbeiten führen in der Schiene “Napoli! Napoli!” das neue neapolitanische Kino vor Augen. Gemein ist den Filmen von Regisseuren wie Mario Martone, Tonino De Bernardi oder Pappi Corsicato eine unprätentiöse, vor allem aber direkte und authentische Auseinandersetzung mit der Stadt am Fuße des Vesuv. Statt klischeebeladener Bilder vom Dolce Vita ist es ein Eintauchen in scheinbar unbekannte Straßen der Heimat (“L’amore molesto”), wird Verbrechen ungeschönt in Szene gesetzt (“Luna rossa”) und offenbaren Fußball und Musik ungekannte Gemeinsamkeiten (“L’uomo in piu”). So entsteht ein Kaleidoskop an Stilen und Inhalten, stets mit Neapel als örtlicher wie atmosphärischer Klammer.

Carmen Cartellieri – Eine österreichische Kinopionierin

Mit etlichen restaurierten Arbeiten entführt das Filmarchiv Austria in die kurze, aber intensive Karriere von Carmen Cartellieri: Der Stern dieser österreichischen Schauspielerin ging Anfang der 1920er auf, wobei sie etwa als “Anjula, das Zigeunermädchen” oder in “Die Puppe des Maharadscha” bleibenden Eindruck hinterließ. Auch der frühe Horrorklassiker “Orlac’s Hände” gehört zum Aufgebot an Filmen, die jeweils live vertont werden. Als Musiker wurden dafür bekannte Namen wie Stefan Fraunberger, Philip Quehenberger oder Raumschiff Engelmayr gewonnen. Parallel erscheint in der neuen Edition “Film Geschichte Österreich” eine erste Publikation zu Cartellieri.

Analog Pleasure – Das analoge Filmfestival als Kinemathek II

Eine Fortsetzung für das Vergnügen: Nach dem erfolgreichen Auftakt im Vorjahr, gibt es auch heuer wieder das “Filmfestival als Kinematek” zu erleben. In vier Programmen wird den Formaten 8mm, 16mm, 35mm und 70mm gefrönt – wobei dank eigenbrötlerischer Filmemacher zum Glück keineswegs nur historisches Material im Aufgebot steht. Immerhin hat Paul Thomas Anderson sein Sektenepos “The Master” vor fünf Jahren auf 70mm vorgelegt. Maßgeblich auf Found Footage setzte hingegen Bruce Conner: Der US-Avantgarde-Künstler ist mit acht Arbeiten vertreten.

Heinz Emigholz – Streetscapes

Mit vier neuen Filmen widmet sich die Viennale Heinz Emigholz: Der deutsche Filmemacher hat sich vielfach mit Architektur auseinandergesetzt und ist dabei zuletzt auf Probleme gestoßen, die mit den “Bildrechten an Gebäuden” zusammenhingen. In “2+2=22 [The Alphabet]”, “Bickels [Socialism]”, “Streetscapes [Dialogue]” und “Dieste [Uruguay]” nimmt er die Herausforderung aufs Neue an, bringt einerseits Studioeinspielungen der Band Kreidler mit Ansichten der georgischen Stadt Tbilisi zusammen, kehrt zu bewährten Konzepten zurück und bringt Autobiografisches auf die Leinwand.

Duell im Osten – Valeska Grisebach, ihre Filme und Carte blanche

Mit jugendlicher Verliebtheit und einer dramatischen Dreiecksgeschichte beschäftigte sich Valeska Grisebach in ihren ersten beiden Werken. Heuer hat die in Wien ausgebildete Regisseurin mit “Western” einen neuen Stil erkundet und schickt darin deutsche Bauarbeiter in der bulgarischen Provinz auf einen Abenteuertrip. Bei der Viennale sind nicht nur alle drei Filme zu sehen, sondern wurde Grisebach auch mit einer Carte blanche ausgestattet. So hat sie Gregory Peck als “The Gunfighter”, Milos Formans “Lasky Jedne Plavovlasky” und “Passe ton bac d’abord…” von Maurice Pialat ausgewählt.

Retrospektive: Utopie und Korrektur – Sowjetisches Kino 1926-1940 und 1956-1977

Die bereits am 13. Oktober  startende Retrospektive im  Filmmuseum widmet sich dem sowjetischen Filmschaffen – konkret zwei Phasen, die gegenübergestellt werden: Einerseits die Zeit von 1926 bis 1940 sowie andererseits die Jahre nach Stalins Tod (1956 bis 1977). Gesellschaftliche und politische Hoffnungen treffen auf Rückschläge und Unterdrückung, die Utopie wird von der Realität gewissermaßen überholt. Für die Filmemacher bedeutete das natürlich auch Zwänge und Anpassungen, womit die titelgebenden “Korrekturen” angeschnitten wären. Ein umfangreicher, 15 dialogische Paare umfassender Blick, der bis 30. November läuft.

Infos zur Veranstaltung

V17
V17

Viennale – Vienna International Film Festival (V’17)

Wann: 19.Oktober bis 2.November 2017
Wo: Gartenbaukino, Stadtkino im Künstlerhaus, Urania, Metro, Filmmuseum
Start des VVK: Samstag, 14.Oktober um 10 Uhr
Programm: Online auf viennale.at am 10.Oktober um 20 Uhr
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(APA/Red.)

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