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Die Post, schlechter denn je

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Gastkommentar von Andreas Unterberger: Bei kaum einem Staatsbetrieb merkt man es so deutlich wie bei der Post, wie dringend sowohl eine gänzliche Privatisierung wie vor allem auch volle Konkurrenz nötig wäre.

Dort sehen sich aber manche offenbar mehr denn je als konkurrenzgeschütztes Monopol-Amt und nicht als moderner Dienstleistungsbetrieb.

Das kann auch nicht mehr nur an den Altlasten liegen, deretwegen man viele Jahre lang die Post nach ihrer teilweisen Ausgliederung bemitleidet hat. Sie musste damals ja eine große Zahl an Beamten mitübernehmen. Und die glauben halt allemal mehr an die Gewerkschaft als an so widerlich neoliberales Teufelszeug wie Kundenorientierung und Leistung. Inzwischen ist jedoch die Beamtenzahl schon deutlich zurückgegangen, sodass diese Ausrede nicht mehr zieht.

Einige eigene Beobachtungen (und wahrscheinlich hat jeder Leser noch viele weitere Ärgernisse mit der Post erlebt):

  1. Regelmäßig muss man sich auf einem Postamt rund 10-15 Minuten anstellen, bevor man beamtshandelt wird. Zum großen Ärger der Wartenden kann man dabei zusehen, wie Schalterbeamte ungerührt miteinander plaudern, und wie auch kein einziger von denen, die amtieren, jene Zügigkeit an den Tag legt, die man etwa bei Supermarkt-Kassiererinnen zu schätzen weiß. Obwohl die mit viel mehr Geld umgehen müssen und eher weniger verdienen.
  2. An einem Samstag um 10 Uhr wollten wir auf einem Postamt von einem Bawag-PSK-Konto 500 Euro abheben. Da wurde uns verblüffenderweise beschieden: „So viel Geld haben wir um diese Zeit nicht mehr.“ Um 9 haben sie aufgesperrt . . .
  3. Bei jeder Paketzustellung der letzten Zeit fand ich einen Zettel im Briefkasten, dass ich leider nicht anzutreffen gewesen sei und mir daher mein Paket auf dem Postamt abholen solle. Jedoch: In der Mehrzahl der Fälle war mit Garantie den ganzen Tag jemand da, um einen eventuellen Postboten zu empfangen. Aber keiner läutete. Bei der Klage im Postamt entgegnete mir der gelassene Postbeamte: „Diese Klagen sind doch immer dieselben, seit ich 32 Jahre dabei bin.“ Diese Antwort war zwar ärgerlich, aber wenigstens ehrlich.
  4. Hingegen bekam ich nach einer früheren Klage auf dem Postamt einen (offensichtlichen Schimmel-)Brief von der Postzentrale mit der Mitteilung, dass meine Klage an das Postamt weitergeleitet worden und man der Klage dort nachgehen werde. Also an dieselbe Stelle, wo ich mich beklagt hatte! Natürlich ist nie wieder etwas passiert. Die müssen ihren Kafka wirklich gut auswendiggelernt haben.
  5. Wenige Tage nach der angeblichen Nichtzustellbarkeit bekam ich ein Paket über einen privaten Zustelldienst. Der rief zum Unterschied von der Post vorher an, ob ich auch daheim bin. Und der Bote kam dann auch halbwegs zur vereinbarten Zeit.
  6. Die gröbsten Schnitzer wider jede Kundenorientierung sind jetzt bei der Porto-Erhöhung für Briefe ab 1. März passiert. Obwohl die Erhöhung schon im September beschlossen worden war, gab es noch drei Tage vor Inkrafttreten des neuen Portos keine Briefmarken mit den neuen Porto-Sätzen.
  7. Als ich dann nach der Erhöhung wieder einmal in der Post-Warteschlange stand, wartete zufällig vor mir die Tochter eines früheren Bundespräsidenten. Die erzählte, dass sie blöderweise die alten Briefmarken einst in einer 50-Stück-Packung gekauft hatte, dass es aber jetzt keine 6-Cent-Marken gibt, die den Unterschied zwischen dem alten und neuen Tarif ausgleichen würden. Daher muss sie jetzt mit jedem Brief aufs Postamt gehen, um die 6 Cent dann am Schalter bar einzuzahlen.
  8. Auch noch Wochen nach der Tarif-Umstellung sind keine Briefmarken mit dem neuen Auslands-Porto erhältlich. „Die kommen mit dem Drucken nicht nach“, wurde mir mehrmals achselzuckend beschieden. Man bot mir dafür jedesmal an: „Aber die Boxen zu 50 Stück hätten wird.“ Da ich keine Brieffreundin im Ausland habe, der ich so oft schreiben würde, da ich mich an die Erzählung über die fehlenden 6-Cent-Marken erinnerte und da ich an die Möglichkeit einer neuerlichen Preiserhöhung dachte, verzichtete ich auf die 50-Stück-Box.
  9. Das war aber ein Fehler. Denn einige Tage später hatte ich einen wichtigen Brief ans Ausland aufzugeben (an die EU-Kommission in Brüssel, die ja von der Post als Ausland behandelt wird, obwohl sich die EU sonst immer gerne als Inland präsentiert . . .). Da klebte ich dann einfach zwei Inlandsmarken drauf, was zwar zu viel war, aber mir im Zeitdruck egal. Offensichtlich eine Dummheit. Denn der Brief kam nie in Brüssel an. Eine Woche später lag er hingegen kommentar- und vermerklos (aber gestempelt) in meinem Briefkasten. Ich hatte – meine zweite Dummheit – meine Adresse als Absender auf der Rückseite geschrieben.; nur dadurch ist ja die Rücksendung möglich gewesen. Offensichtlich hatte der Brief-Computer der Post gesehen, dass da eine Inlandsmarke drauf war (für das Erkennen der zweiten war er wohl zu blöd programmiert) und die Rücksendung veranlasst. Jetzt habe ich den Kontakt mit Brüssel auf Mail-Attachments umgestellt.
  10. Ein paar Tage später stand ich wieder am Postamt, diesmal um die NÜV (den bei einem Telefonanbieter-Wechsel notwendigen Code für eine Nummern-Mitnahme) zu bekommen. Das hatte mir der bob-Kundendienst am Telefon so gesagt (der durch das Verlangen solcher Umwege das Weggehen von bob behindern will, sonst hätte man mir die NÜV ja gleich in einem Mail schicken können). Der Postbeamte weigerte sich jedoch, mir die NÜV zu geben, „weil uns die Telekom dafür nichts zahlt“. Die Telekom ist bekanntlich der abgespaltene Telefon-Teil der einst einheitlichen Post und Betreiber von bob . . ..

An sich mag ich es ja nicht, über persönlichen Ärger zu schreiben. Irgendetwas geht halt bisweilen schief, wo Menschen etwas tun (bei Maschinen auch). Da sollte man normalerweise nicht persönliche Misshelligkeiten eigennützig über mediale Kanäle beklagen, wie es manche Journalisten ständig tun.

Aber wenn man binnen weniger Wochen eine solche Dichte an Pannen erlebt, dann zeigt das, dass da tief drinnen im Post-System der Wurm steckt. Dass sich zwar manches verbessert (das Aussehen der Postämter etwa), aber auch vieles verschlechtert hat (Probleme mit dem Marken-Erwerb gab es früher jedenfalls keine). Dafür gibt es ja auch ganz eindeutig zwei strukturelle Ursachen:

  • Die Post hat es (ähnlich wie die ÖBB) verstanden, unter Ausnutzung ihrer alten Monopol-Vorteile im Briefbereich die private Konkurrenz weitgehend zu vernichten. Ohne Konkurrenz hat sich die Qualität der Briefpost eindeutig wieder verschlechtert. Und das eigentlich zu Regulator-Aufgaben verpflichtete Verkehrsministerium nimmt das stillschweigend (oder vielleicht sogar wohlwollend) zur Kenntnis. Die Konkurrenz konnte nur im Paketbereich überleben. Und bei der Zeitungs-Hauszustellung. Bei dieser agieren zwei private Dienste und machen einander zum Nutzen der Kunden und mit erstaunlich hoher Zustell-Verlässlichkeit Konkurrenz.
  • Die Post ist noch immer halbstaatlich und viele fühlen sich daher dort noch immer als Obrigkeit und nicht als Dienstleister.

Der Autor war 14 Jahre Chefredakteur von „Presse“ bzw. „Wiener Zeitung“. Er schreibt unter www.andreas-unterberger.at sein „nicht ganz unpolitisches Tagebuch“, das heute Österreichs meistgelesener Internet-Blog ist.

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