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Die grundfalsche Gemeindebau-Garantie

©APA
Gastkommentar von Andreas Unterberger: Das Motiv ist nachvollziehbar. Die Aktion war trotzdem ein gravierender Fehler von FPÖ-Chef H.C. Strache. Denn er hat mit einer Garantie-Erklärung das Meiste von dem vom Tisch gefegt, was man eigentlich als wichtigstes Ergebnis der Wiener Gemeinderatswahlen erhofft hat – zumindest sofern diese zu einem Machtwechsel führen.

Aber Strache garantiert nun das Gegenteil des Erhofften:

  • Keine Privatisierung von Gemeindebauwohnungen,
  • Keine Privatisierungen im Magistrat,
  • Keine Privatisierungen bei Betrieben der Stadt,
  • Und er gibt überdies eine Job-Garantie für die Mitarbeiter der Stadt Wien und ihrer Betriebe.

Damit hat Strache freilich in Wahrheit einen Satz des amtierenden Bürgermeisters bestätigt: „Wahlkampf ist eine Zeit fokussierter Unintelligenz. Da passieren halt gelegentlich Dinge, die nicht gescheit sind“, hatte Michael Häupl vor einiger Zeit selbstkritisch gesagt. Diese Selbstkritik wäre nun auch bei Strache dringend am Platz.

Gewiss haben die FPÖ-Strategen mit einer Gräuelpropaganda der SPÖ rechnen müssen, etwa des Inhalts: Bei einem FPÖ-Wahlsieg würden alle Gemeindebaumieter vor die Tür gesetzt und alle direkt oder indirekt von der Gemeinde abhängigen Beamten und Angestellten gekündigt. Wenn es um den größten Geldverteilungs-Topf der Nation geht und wenn der Sieger diesmal nicht von vornherein feststeht, dann ist mit extrem harten Bandagen zu rechnen. Dieser Hetze wollte die FPÖ offenbar zuvorkommen – und hat ebenso unintelligent überreagiert.

Straches Garantien sind jedenfalls in mehrfacher Hinsicht ein gravierender Fehler. Vor allem, weil sie die Hoffnung auf eine Durchlüftung der fast hundert Jahre von der gleichen Partei regierten Stadt weitgehend zunichte gemacht haben. Blau wäre also nicht viel anders als Rot.

Dabei wäre eine andere Haltung etwa zu den Gemeindebauten sowohl wähler-strategisch, wie auch sachlich absolut richtig gewesen. Denn viele Mieter eine Gemeindebau-Wohnung würden sich über die Möglichkeit freuen, ihre eigene Wohnung zu einem moderaten Preis kaufen zu können. Gleichzeitig käme dadurch etliches Geld in die klammen und überschuldeten Kassen der Stadt. Und nur Eigentum verwandelt abhängige Untertanen in selbstbewusste.

Genauso richtig wäre es, wenn endlich auch einige der hunderten Rathaus- (in Wahrheit partei-)eigenen Unternehmen privatisiert würden. Denn Wien ist westlich von Nordkorea wohl die Stadt mit dem größten Anteil von Staats-(=Gemeinde)Eigentum.

Privatisierung von Gemeindebetrieben

Eine zumindest teilweise Privatisierung von Gemeindebetrieben würde nicht nur eine der wichtigsten Quellen der Bestechungsinserate auf Kosten der Allgemeinheit austrocknen. Sie würde nicht nur die unendliche Serie von parteipolitischen Management-Besetzungen beenden. Sie würde vor allem auch für viel effizientere, schlankere und stärker kundenorientierte Betriebe sorgen. Wie es 95 Prozent der weltweiten Erfahrungen mit Privatisierungen beweisen.

Auch eine Job-Garantie für alle Gemeindebeamten ist für die Steuerzahler eine gefährliche Drohung. Nicht weil diese parteipolitische Säuberungen im Magistrat wünschen. Aber das Rathaus mit seiner Armada von Magistratsabteilungen ist die zweifellos schlimmste Anhäufung von Bürokratie in der ganzen Republik. Diese MAs schikanieren nicht nur den Bürger, verschwenden nicht nur viel Geld, sondern bekämpfen einander bisweilen sogar gegenseitig. Ihre aufgeblähte Struktur ist zusammen mit einer Unzahl von sinnlosen oder überflüssigen Vorschriften die Hauptursache dafür, dass in Wien alle Genehmigungen, alle Verfahren weit länger dauern, weit komplizierter sind und weit stärker nach Korruptionsanfälligkeit riechen als irgendwo anders in dieser Republik.

Wer an diesem harschen Urteil zweifelt, möge versuchen, in Wien legal einen Baum zu fällen oder ohne Korruption eine Baugenehmigung zu erhalten. Oder er möge mit anderen Stadtbewohnern reden, die solches versucht haben.

All das wird nun offensichtlich perpetuiert, selbst wenn die SPÖ abgewählt werden und auch zusammen mit Grün und Pink keine Mehrheit erreichen sollte. Man könnte sogar vermuten, dass es in Wien bald Rot-Blau heißen könnte, weil sich diese beiden Partei ja programmatisch so ähnlich geworden sind.

Jedenfalls darf man gespannt sein, wie weit Strache mit seinen „Garantien“, nichts zu verändern, noch gehen wird. Kommt als nächstes eine Gehalts- und Pensionsgarantie für alle Rathausbeamten? Schließlich sind diese mit ihren Bezügen stärker privilegiert und besser gestellt als sonst irgendjemand irgendwo im öffentlichen Dienst in Österreich. Also zittern sie logischerweise, ob ihre teuren Privilegien bestehen bleiben.

Was aber tut die ÖVP? Statt diesen von Strache unerwartet aufgelegten Elfer zu verwandeln, schweigt sie zu dem Thema und verlangt lieber eine zweite städtische Bücherei. Was vielleicht nicht so toll geeignet ist, um Wählerstimmen zu gewinnen.

Über den Autor

Der Autor war 14 Jahre Chefredakteur von „Presse“ bzw. „Wiener Zeitung“. Er schreibt unter www.andreas-unterberger.at sein „nicht ganz unpolitisches Tagebuch“, das heute Österreichs meistgelesener Internet-Blog ist.

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