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Diablo-Feeling am TV: Torchlight 360

Monsterhatz in düsteren Minen: Torchlight Xbox 360.
Monsterhatz in düsteren Minen: Torchlight Xbox 360. ©Waibel
Hack and Slay Vergnügen auf der Spielekonsole. Ein Thema, über das man schlechte Romane schreiben könnte. Schon manch ein Entwicklerstudio ist an der erfolgreichen Umsetzung oder gar Entwicklung eines Diablo-Klons auf dem TV gescheitert. Wie schlägt es sich mit dem auf dem PC berühmt gewordene Hack and Slay-Klon Torchlight?
Torchlight 360

Es war ein Launch eines Titels, der in jeder Hinsicht außergewöhnlich war: Um wenig Geld via Online Downloadplattform mal eben angeboten, das Setting bekannt, ja fast schon frech an den Klassenprimus Diablo angelehnt. Torchlight rockte bereits damals die Wertungskonferenzen der Game-Testplattformen. Mittlerweile ist das Spiel für den Rechenknecht auch samt Verpackung im Laden und komplett deutsch lokalisiert zu haben, über eine halbe Million Spieler verbringen schon ihre Zeit mit Torchlight am PC. Beachtlich, vor allem wenn man bedenkt, mit wie wenig Aufwand der Titel produziert wurde, und dass es derzeit noch ein Solospiel ist. Nachdenklich stimmt zudem die Tatsache, dass hier für 1200 MS Points oder umgerechnet 15 Euro ein derart solider und sauberer Port hingelegt wird. Vorbildlich.

Namensgebend für das launige Hack and Slay ist das verschlafene Minenstädtchen Torchlight, dessen Einwohner eigentlich recht gut leben. Zahlreiche Händler bieten ihre Waren feil, in den Minen bauen fleißige Kumpel den Rohstoff Glutstein ab. Doch wie in Herr der Ringe graben die Arbeiter tief – zu tief, und wecken zwar keinen Balrog, dafür aber jede Menge kleinerer und zunehmend lästigerer Monster auf. Diese radieren nicht nur kurzerhand die Bergarbeiter aus, sondern strömen aus den Minen zunehmend mehr ins verschlafene Torchlight und gehen den Bewohnern an den Kragen. Hier kommt der Held ins Spiel, der alles ins Lot bringen soll. Der Rest ist bewährtes und beliebtes Diablo-Prinzip: Hacken, schnetzeln, zaubern, erforschen, sammeln und stimmige Bossfights.

Zu Beginn des Spiels steht die Wahl zwischen einem brutalen Haudrauf, einem magiebegabten Alchimisten und einer hübschen Jägerin, die Monster im Dutzend aus der Ferne erlegt. Leider können nur diese vorgefertigten Charaktere verwendet werden, eine weitere Individualisierung ist nicht möglich. Zum eigentlichen Spielcharakter gesellt sich ein aus drei verschiedenen Tierarten wählbares Pet. Soll es eine Mieze, ein Wolf oder gar ein kleines drachenartiges Wesen sein? Der Begleiter erfüllt in der Folge mehrere sehr nützliche Zwecke. Zum einen haut er schon zu Beginn mit auf die Monster drauf, und kann mittels ausrüstbarer Zauberer sogar zum Unterstützungsmagier werden. Zudem hat er ein eigenes Inventar und eilt auf Befehl in die Stadt, um Gegenstände automatisch zu verkaufen, die nicht benötigt werden. Dabei können Items zwischen dem eigenen und dem Inventar des Pets gewechselt werden. Nach einer festgelegten Zeit, während der man alleine gegen die Monsterhorden bestehen muss, erscheint der treue Begleiter wieder mit Gold im Säckel und einem leeren Inventar auf der Bildfläche, um einem wieder zur Seite zu stehen. Wie auch dereinst in Diablo, können Gegenstände in der eigenen Truhe in der Stadt Torchlight nicht nur zwischengelagert, sondern auch zwischen verschiedenen Charakteren getauscht werden. Eine coole Robe für den Alchemisten, die man mit dem Krieger findet? Kein Problem, ab in die Kiste.

Mit dem Erlegen von Monstern und dem Erledigen von Aufträgen bekommt der Held Erfahrungspunkte, welche sich früher oder später in einem Levelaufstieg belohnen. Nach dem Aufstieg des Helden freut man sich auf frei verteilbare Bonuspunkte in klassische RPG-Werte wie Stärke oder Intelligenz und darf seinem Schützling entweder neue Fähigkeiten beibringen oder bestehende verstärken. Nebst der ganzen Monsterklopperei kann der Held auch mal die Beine hängen lassen: In den verschiedenen Bereichen der Mine befinden sich auch immer wieder Gewässer, in der man eine Angel reinhängen kann. Jawoll, Angeln! Nebst dem Entspannungsfaktor holt man aus den Gewässern auch allerlei nützliche Fische heraus. Diese können an den Begleiter verfüttert werden, welcher einen kurzfristigen nützlichen Stärkungszauber erhält. Die Wirkungen sind zufällig – hier lädt das Spiel zum Experimentieren ein. Manche Zauberfische können den treuen Begleiter verwandeln – zum Beispiel in einen nahkampfstarken Troll.  

Leider ist das Pet-System auch ein Notnagel, denn Torchlight kann wie dereinst auf dem PC nur solo bestritten werden – Torchlight an der Seite eines guten Freundes wäre die absolute Krönung. Doch auf dem PC wird bereits am Feinschliff des Nachfolgers gewerkelt, der auch einen Multiplayer mit an Bord hat. Das Release auf dem PC ist für Juli 2011 geplant. Ein Port des Sequels auf die Konsole ist sehr wahrscheinlich.

Technisch ist Torchlight mehr als nur zweckmäßig: Bereits zu Release des Titels als Low Budget Entwicklung auf dem PC begeisterte Torchlight die Community. So sauber der Titel auch auf dem PC lief, der Port auf die 360 erstaunt. Nach kurzer Eingewöhnungszeit konnte ich mir gar nicht mehr vorstellen, die muntere Dungeonhatz mit einem anderen Eingabegerät als dem Controller spielen zu wollen. Knackiges Buttonsmashing wechselt mit dem Auslösen von gewaltigen Spezialattacken. Einzig das Menü mit Inventar und Skillbaum ist etwas fuzzelig geraten, hier muss man schon sehr genau hinschauen, um Werte zu vergleichen. Torchlight läuft, von leichtem Tearing hie und da abgesehen, absolut perfekt auf der 360. Dabei überzeugt der Grafikstil von Torchlight von Anfang an: Schön knallbunt, leuchten die Effekte die düsteren Dungeons gut aus. Es stört auch nicht, dass das Game nur aus wenigen Polygonen besteht. 

Die Synchro ist durchwachsen: Während manche Sprecher den Touch von „der nette Jens von nebenan hat mal eben diesen Text runtergelesen“ haben, ergänzen auch hochkarätige Sprecher das Team. Der Sound ist daneben makellos: Allerlei Geballer, Gespratzel, knackige Kampfgeräusche wechseln mit ruhigen Phasen, in denen für Diablo-Jünger fast vertraute Klänge in Nostalgie schwelgen lassen. Stimmig ist die Musik auf jeden Fall.

Das Diablo-Prinzip von dereinst greift auch bei Torchlight. Sammeln, Dungeons erforschen, Monster kloppen, Helden aufleveln. Oft erwischt man sich auch hier bei einem „nur noch diesen Dungeon leerräumen, den Levelboss umkloppen oder ein Mega-Superschwert finden“. Die Dungeons sind je Charakter zufallsgeneriert, somit hat man mit einem anderen Char ein vollkommen neues Spielerlebnis. Unfassbar, wenn man bedenkt, dass der Download des Titels via Xbox Live gerade einmal 400 Megabyte beträgt – weniger als die Demo eines normalen Games.

Fazit:

Die Entwickler von Runic Games haben mit Torchlight bewiesen, dass es auch heute noch möglich ist, gute Games mit wenig einfachster Technik spaßig für eine Menge von zockenden Menschen zu entwickeln. Das belohnten auf dem PC bisher über eine halbe Million Gamer. Und ich wünsche Runic, dass es mit diesem sehr gelungenen Port gelingt, die Million voll zu machen. Gerade angesichts des Release-Disasters eines Dragon Age 2, auf das ich mich sehr gefreut habe, und das aufgrund des Entwicklerhintergrunds von Bioware eigentlich fast ein Garant für Spielspaß war, technisch leider aber auf ganzer Linie enttäuscht, ist es wohltuend, Games wie Torchlight zu haben. Diese zeigen eindrücklich, dass es gescheiter ist, massentaugliche fertige Konzepte mit einem originellen Ansatz für bezahlbares Geld auf den Markt zu bringen. Und nicht, wie es die meisten Großen mittlerweile machen, ständig auf die bösen Raubkopierer einzuprügeln, die angeblich am Untergang der Branche schuld sind, und dadurch ehrliche Kunden mit frechen Kopierschutzmaßnahmen zu gängeln. Ich würde mir nur wünschen, es gäbe mehr solcher Entwicklerstudios wie Runic Games. Die Zeit bis Torchlight 2 auf dem PC vertreibe ich mir gerne mit dem gelungenen Torchlight auf der Xbox 360. Auf der Couch – mit einem guten Glas Rotwein in der Hand und dem Knabberzeugs in Reichweite…

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