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Der letzte Tanz - Trailer und Kritik zum Film

Eine innige Beziehung zwischen einem jungen Zivildiener und einer betagten Alzheimerpatientin hat für sie neue Lebensfreude, für ihn gesellschaftliche Ablehnung zur Folge. Alle Spielzeiten auf einen Blick

In “Der letzte Tanz” nimmt sich Regisseur Houchang Allahyari dem Tabu Sexualität im Alter an, verurteilt ein repressives Rechtssystem und besetzt die grandiose Erni Mangold in einer gewagten Rolle. Ab Freitag im Kino.

Der letzte Tanz: Die Geschichte

Als Karl (Daniel Sträßer) in seiner Wohnung überraschend verhaftet wird, ist er sich keiner Schuld bewusst. In Untersuchungshaft angekommen, sieht er sich scheinbar willkürlicher Polizeigewalt und dem Unverständnis des Gerichtspsychiaters (Allahyari) ausgesetzt. Während die Mutter (Marion Mitterhammer) zuhause verzweifelt, will sein Anwalt (Viktor Gernot) auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren. Zu abwegig scheint es für sein Umfeld, was er getan hat – von einem Sexualdelikt ist die Rede, und dem Ausnutzen eines Abhängigkeitsverhältnisses.

Drei Monate zuvor: Karl tritt seinen Zivildienst an der geriatrischen Abteilung im Krankenhaus an. Während er privat eine Beziehung mit einer ehemaligen Schulkollegin beginnt, freundet er sich mit der Alzheimerpatientin Frau Eckert (Mangold) an. Von Ärztinnen und Krankenschwestern – “Giftmischern” – als unbequem empfunden, fühlt sie sich von Karl verstanden, lässt sich vorlesen, Musik vorspielen, scherzt mit ihm. Karls Zuwendung scheint in ihr neue Lebensfreude zu wecken. Die beiden nähern sich schließlich an, emotional wie körperlich. Bis eine Kollegin hereinplatzt – und so auch die gesellschaftliche Realität.

Der letzte Tanz: Die Kritik

Sexualität im Alter, markanter Altersunterschied, Vorverurteilung in der Gesellschaft und vor Gericht, Entmündigung von Patienten, obsessive Mutter-Sohn-Beziehung aufgrund fehlendem Vater: Der gelernte Psychiater Allahyari packt zahlreiche Themen in seinen in zwei formal wie inhaltlich unterschiedliche Akte geteilten Film. In schwarz-weißen, kühlen Bildern erzählt er erst von der staatlich exekutierten Repression und lässt die “Tat” dabei stets unausgesprochen. Mit dem Schritt zurück in die nahe Vergangenheit taucht er die Erzählung in Farbe, lässt die so sterile Pflegestation geradezu warm erscheinen und seine Protagonisten sich langsam annähern. So hölzern und künstlich mancher Gastauftritt im schwächeren, ersten Teil erscheint, so authentisch und glaubwürdig ist die Anziehung zwischen dem jungen Theaterdarsteller Daniel Sträßer und der Volksschauspielerin Erni Mangold.

Jene Eigenschaften, mit denen Mangold seit langem als Kammerschauspielerin die Wiener Theaterszene prägt, sind ein ungeheurer Gewinn für “Der letzte Tanz”: “Die schert sich um gar nichts, die Geier-Wally”, liest Karl im Film vor. Frau Eckert respektive Frau Mangold scheint sich ebenso wenig zu scheren: Ohne Scheu zeigt sich die 87-Jährige vor der Kamera nackt, verletzlich, erst trotzig und leidend, dann wie ein Teenager verliebt kichernd oder – wunderschön! – mit Kopfhörern im Ohr den Krankenhaus-Gang entlang tänzelnd. Als “Todestanz” habe Allahyari die Szene gar nicht intendiert, stark ist der Wandel von der Totgesagten zur Lebensfrohen aber allemal. “Es gibt keine zweite Schauspielerin, die diese Entwicklung darstellen könnte, und ich habe verzweifelt in Österreich und Deutschland nach einer gesucht”, so Allahyari, der bewusst eine bekannte Schauspielerin wählte, um das Thema Sexualität und Anziehung trotz enormem Altersunterschied “großflächiger unter die Leute bringen zu können”.

Bei der diesjährigen Diagonale wurde Mangold mit dem Großen Schauspielpreis, Allahyari mit dem Preis für den besten Spielfilm ausgezeichnet. Mit dem gebürtigen Iraner, der in den 1990ern mit “I Love Vienna” und “Geboren in Absurdistan” bekannt wurde, wurde ein Künstler geehrt, “der mit großem Mut ein aktuelles Thema aufgreift”. Schon 2011 war “Die verrückte Welt der Ute Bock” in Graz für das Drehbuch prämiert worden, 2012 wurde seine Kurz-Doku “Das persische Krokodil” gewürdigt.

(APA)

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