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Demonstrationsrecht: Sobotka will mit Gesetzes-Reform "Gewalt verhindern"

Demonstrationsrecht: Innenminister Wolfgang Sobotka hält an Plänen fest
Demonstrationsrecht: Innenminister Wolfgang Sobotka hält an Plänen fest ©APA
Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) will nach der aktuellen Kritik auf Expertenebene weiter reden. Er hält trotz des SPÖ-Vetos an seinen Plänen zur Reform des Demonstrationsrechts fest. "Es wäre vollkommen falsch, das ad acta zu legen".
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Dies sagte Sobotka Mittwochfrüh im APA-Interview. “Uns geht es darum ein Gesetz zu schaffen, dass den Erfordernissen des 21. Jahrhunderts genüge tut, und es geht darum, Gewalt zu verhindern.”

“Eindeutig verfassungswidrig”- Sobotka widerspricht

Dass der von Sobotka an die SPÖ übermittelte Entwurf für ein Versammlungsgesetz 2017 “eindeutig verfassungswidrig” sei, wie dies SPÖ-Regierungskoordinator und Minister Thomas Drozda im Ö1-“Morgenjournal” kritisiert hatte, wies Sobotka zurück. Die Vorschläge des Innenministeriums basierten auf der Menschenrechtskonvention und der Verfassung. “Wir wollen keine Einschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Wir haben etliches klarer formuliert, was im bisherigen Versammlungsgesetz schon abgebildet ist.”

Anlass dafür waren Demonstrationen von Anhängern des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und Ausschreitungen gegen kurdische Lokale sowie Zusammenstöße zwischen Linken und Rechten bei einer Demonstration am Brunnenmarkt. Es gebe jedenfalls genügend Bedarf für Änderungen. “Das bestehende Demonstrationsrecht reicht nicht aus, um Gegendemonstrationen zu verhindern, und es reicht nicht aus, um den Begriff der Versammlung und die Verantwortlichkeiten klar zu definieren. Es gibt auch keine Abwägung zu den Interessen anderer. Wenn man das alles nicht will, werden sich die Wiener, die Grazer, die Innsbrucker und die Salzburger herzlich bei der SPÖ bedanken.”

SPÖ-Nein: Innenminister ist verwundert und irritiert

Das kategorische Nein der SPÖ verwundert und irritiert den Innenminister. Sobotka sprach von einem “brüsken” Verhalten des Koalitionspartners. Er werde aber “im Sinne der Sicherheit der Bürger natürlich nicht” aufgeben. Die Anpassungen seien notwendig, weil sich die Demonstrationshäufigkeit im vergangenen Jahr auf über 16.000 Demonstrationen verdoppelt hat. Der Innenminister will den “Diskurs auf Expertenebene” fortsetzen und auch Kritiker zu Gesprächen ins Ministerium einladen.

Den Vorwurf des Alleingangs oder schlechten Timings, so kurz nach Vorstellung des überarbeiteten Regierungsprogramms gleich wieder mit neuen Vorschlägen zu kommen, will der Minister nicht auf sich sitzen lassen. “Das ist kein Alleingang. Es sind ja viele Materien nicht im Regierungsprogramm enthalten, die notwendig sind.” Als Beispiel nannte der ÖVP-Minister die umstrittene Obergrenze für Flüchtlinge.

Sobotka vermutet “andere Hintergründe” hinter der Ablehnung

Für Sobotka stellt sich vielmehr die Frage, ob es fachliche Gründe für die Ablehnung gibt oder ob es sich nur um einen Vorwand handelt. “Ich bin noch nicht ganz dahinter gekommen.” Die Reaktion Drozdas lasse für ihn jedoch auf eher “andere Hintergründe” schließen.

Ob seine Widerspenstigkeit bei den Verhandlungen zum Regierungsabkommen der Grund dafür sein könnte, wollte Sobotka nicht einschätzen. Der Minister wollte ja zunächst seine Unterschrift unter das Abkommen verweigern. Sobotka: “Es gab keine Widerspenstigkeit. Ich habe das Ergebnis der Chefverhandler selbstverständlich zur Kenntnis genommen. Ich habe nur die Unterschrift unnötig gefunden. Ob das eine Retourkutsche ist, wage ich nicht zu beurteilen.”

Demonstrationsrecht: Mitterlehner pfeift Sobotka zurück

Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) pfeift seinen Parteikollegen Innenminister Wolfgang Sobotka bei der geplanten Reform des Demonstrationsrechts zurück. Es sei “nicht im Sinn der Sache, die Diskussion endlos weiterzuführen”, sagte Mitterlehner im Ö1-“Mittagsjournal”. Mitterlehner kündigte noch für Mittwoch ein Treffen mit Sobotka zu diesem Thema an.Ein derartig sensibles Thema wie Grundrechte müsse man vorerst einmal intern besprechen, meinte der ÖVP-Chef. Verunsicherung und Emotionalisierung seien einer Sachlösung abträglich. Er sehe derzeit jedenfalls wenig Möglichkeit, das Thema im Laufen zu halten, so Mitterlehner.

FPÖ unterstützt den Innenminister

Hinter das Vorhaben des Innenministers stellten sich am Mittwoch die Freiheitlichen. “Wir bekennen uns zum Demonstrationsrecht, aber auch die Rechte von nicht-demonstrierenden Bürgern, Anrainern und Geschäftsleuten sind zu schützen”, meinte Generalsekretär Herbert Kickl. Gleichzeitig kritisierte er die SPÖ, die zwar im Internet das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung beschneiden wolle, “beim Demonstrationsrecht macht sie unter dem Deckmantel der Verteidigung der Grundrechte linkslinken Chaoten die Mauer”.

SOS Mitmensch auf seiten der SPÖ

SOS Mitmensch begrüßte indes die Zurückweisung der Vorschläge des Innenministers zur Einschränkung des Versammlungsrechts durch die SPÖ. Mit Grundelementen einer Demokratie betreibe man keine Machtspiele, so die Menschenrechtsorganisation, die in den vergangenen Tagen annähernd 17.000 Unterschriften zum Schutz der Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit gesammelt hat.

(apa/red)

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