AA

Senat in Argentinien entschied: Abtreibungen bleiben illegal

Die Initiative zur Legalisierung der Abtreibung scheiterte
Die Initiative zur Legalisierung der Abtreibung scheiterte ©APA (AFP)
Abtreibungen bleiben in Argentinien auch künftig eine Straftat. Eine Initiative zur Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen scheiterte am Donnerstagmorgen, weil der Senat eine entsprechende Gesetzesvorlage mit 38 gegen 31 Stimmen ablehnte. Die Vorlage war zuvor von der Abgeordnetenkammer angenommen worden. Der Gesetzentwurf kann im laufenden Parlamentsjahr nicht neuerlich vorgelegt werden.

Damit bleibt in Argentinien vorerst ein Gesetz aus dem Jahr 1921 in Kraft. Vor allem die Stimmen der männlichen Senatoren führten zur Ablehnung der Legalisierung der Abtreibung. Während die Frauen der Initiative unentschieden gegenüberstanden (14 zu 14 bei einer Enthaltung und einer Abwesenheit), bildete sich bei den Männern eine klare Mehrheit dagegen (24 zu 17 bei einer Enthaltung), wie die Tageszeitung “Clarin” berichtete.

Liberal-konservatives Regierungsbündnis gespalten

Die Bruchlinie zwischen Pro und Contra verlief nicht unbedingt entlang der Parteigrenzen. Besonders gespalten zeigte sich das liberal-konservative Regierungsbündnis “Cambiemos” (“Lasst uns verändern”) von Präsident Mauricio Macri. Acht Abgeordnete stimmten für das Gesetz, siebzehn dagegen. Aber auch die “Frente para la Victoria” (FPV, “Front für den Sieg”) der linken Amtsvorgängerin Cristina Fernandez de Kirchner konnte nicht alle Abgeordneten des tendenziell konservativen Senats auf die Pro-Seite ziehen. Eine FPV-Stimme stellte sich gegen die Initiative.

Demonstrationen blieben großteils friedlich

Zehntausende Menschen hatten sich während der 16-stündigen Debatte auf den Straßen um das Parlament in der Hauptstadt Buenos Aires versammelt, um teils für und teils gegen das Gesetz zu demonstrieren. Nach Bekanntwerden der Entscheidung kam es zu Tumulten. Demonstranten warfen Steine und Flaschen, außerdem zündeten sie Müll an. Die Polizei setzte Tränengas ein und nahm mehrere Menschen fest. Die große Mehrheit blieb allerdings friedlich.

Abtreibungsbefürworter bleiben optimistisch

Die Abtreibungsbefürworter blieben trotz der Ablehnung der Initiative im Senat optimistisch. “Niemand kann den Wind aufhalten”, titelte die linke Tageszeitung “Pagina12”, die sich für die Liberalisierung stark gemacht hatte, am Donnerstag in ihrer Online-Ausgabe. Aktivisten verwiesen nach der Abstimmungsniederlage auf die zahlreichen Fortschritte, die durch die intensive Debatte erwirkt wurden. “Wir haben gewonnen”, schrieb die Journalistin Mariana Carbajal in “Pagina12”, weil endlich über das Tabuthema Abtreibung gesprochen werden könne. “Die Mehrheit der Argentinier ist dafür”, sagte Martha Rosenberg von der “Nationalen Kampagne für das Recht auf Abtreibung” gegenüber der französischen Tageszeitung “Le Monde”. Es sei nunmehr nur noch eine Frage der Zeit, bis das Gesetz beschlossen würde.

Abtreibung nur bie Vergewaltigung und Lebensgefahr erlaubt

In Argentinien ist eine Abtreibung bisher nur im Fall von Vergewaltigung oder Lebensgefahr für die Mutter erlaubt. Nach Schätzungen des Gesundheitsministeriums werden jedoch jährlich mehr als 350.000 illegale Abtreibungen durchgeführt. Rund 50.000 Frauen werden jährlich wegen Komplikationen nach solchen Eingriffen in Krankenhäuser eingeliefert.

Nach der gültigen Gesetzgebung von 1921 machen sich bei einer Abtreibung nicht nur die Ärzte, sondern auch die Frauen strafbar. Zwischen 2007 und 2016 sind in Argentinien 63 Menschen in Verbindung mit illegalen Abtreibungen vor Gericht verurteilt worden.

Papst: “Leben und Gerechtigkeit” verteidigen

Die Abstimmungen fanden in beiden Parlamentskammern ohne Fraktionszwang statt. Der konservative Staatschef Macri hielt sich neutral. Einige Minister, darunter der Gesundheitsminister, sprachen sich für die Gesetzesvorlage aus, andere Regierungsmitglieder dagegen. Die katholische Kirche hatte aktiv gegen die Legalisierung der Abtreibung gestritten. Papst Franziskus schickte einen Brief an die Bischöfe – sie sollten “Leben und Gerechtigkeit” verteidigen.

“Messe für das Leben” in Buenos Aires

Während der Parlamentsdebatte feierten der katholische Erzbischof von Buenos Aires, Kardinal Mario Poli, Poli, der Vorsitzende der Argentinischen Bischofskonferenz, Bischof Oscar Ojea, und Nuntius Leon Kalenga Badikebele am Mittwochabend (Ortszeit) zusammen mit tausenden Gläubigen in der völlig überfüllten Kathedrale von Buenos Aires eine “Messe für das Leben”, wie Kathpress berichtete. Auch die Ungeborenen hätten ein Recht darauf, “zu unserer Geschichte, zu unserem Land zu gehören, wo für alle Platz ist und niemand als überflüssig betrachtet wird”, mahnte der Kardinal zum Schutz des Lebens.

Abtreibungsgegner feiern mit Feuerwerk

Nach der Abstimmung feierten die Abtreibungsgegner die Nachricht des Abstimmungsergebnisses auf dem Platz vor dem Kongressgebäude in Buenos Aires mit Jubel und Feuerwerk. Amnesty International bezeichnete die Abstimmung hingegen als “verpasste historische Chance”. Die Senatoren hätten entschieden, “den Hunderttausenden Frauen und Mädchen, die für ihre sexuellen und reproduktiven Rechte kämpfen, den Rücken zuzukehren.”

(APA/dpa/ag.)

  • VIENNA.AT
  • Politik
  • Senat in Argentinien entschied: Abtreibungen bleiben illegal
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen