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Das war das Harvest of Art 2016 auf der Burg Clam

Glen hansard waren ein Highlight beim Harvest of Art Festival auf der Burg Clam.
Glen hansard waren ein Highlight beim Harvest of Art Festival auf der Burg Clam. ©APA
Element of Crime und Glen hansard lieferten die Highlights beim diesjährigen Harvest Of Art Festival auf der Burg Clam.

Alkohol ist integraler Bestandteil eines jeden Musikfestivals. Beim Harvest of Art auf der Burg Clam am Samstag war er auch roter Faden: Sven Regener besingt ihn mit Element of Crime seit über 30 Jahren, sippte Bier auf der Bühne. Glen Hansard trank am Vortag mehr als geplant, lieferte aber dennoch das Tages-Highlight. Und Rodriguez dienten Drinks als Erklärung für die ihm entgegengebrachte Liebe.

“Ich weiß, es sind die Drinks, aber ich liebe euch auch”, entgegnete Rodriguez bescheiden seinem Publikum, das allein ob seiner Anwesenheit in Begeisterungsstürme ausbrach. Freilich steckt nicht (nur) der Alkohol-Einfluss, sondern die außergewöhnliche Geschichte des US-Folkrockers hinter den lautstarken Liebesbekundungen: In den 1970ern mit zwei Alben in seiner Heimat erfolglos, wurde er unbemerkt in Südafrika zum legendenumwobenen Star und dank der Oscar-prämierten Doku “Searching For Sugar Man” (2012) international bekannt.

Nun schwappt Rodriguez bei seinen Live-Konzerten jene Anerkennung entgegen, die er sich vor 40 Jahren erträumt hatte. Dass er, anstatt aufzutreten, jahrzehntelang hart körperlich arbeitete, ist ihm anzumerken: Am Weg zum Mikrofon wird er gestützt, das Gehör scheint schwach, die Stimme klingt etwas dünn und wird von der dreiköpfigen Tourband allzu oft übertönt – lässt bei Hits wie “Crucify Your Mind”, “I Wonder” und natürlich “Sugar Man” aber immer noch die charakteristische Jugendlichkeit durchscheinen.

Geburtstagsständchen für Rodriguez

Sowohl peinlich berührt als auch geschmeichelt schien der hagere Mann in Schwarz von der Aufmerksamkeit, taute aber im Laufe seines zwischen Blues, Folk und Rock changierenden, gemächlichen Sets (samt Coversongs) zunehmend auf. Spätestens beim kollektiven Geburtstagsständchen für Rodriguez, der am heutigen Sonntag 74 wird, schien die Schüchternheit zu weichen, lächelte der Musiker immer öfter, interagierte mit den Fans, posierte für all die gezückten Handys. Als Dank ließ sich Rodriguez nach seinem Abgang noch einmal an die Bühnenmitte bringen, um nach Frank Sinatra ein beherztes Lebenszeichen abzugeben: “I’m Gonna Live Till I Die”.

Die Melancholie, die bei Rodriguez’ berührendem Auftritt mitschwang, die steckt seit jeher in den so verschrobenen wie poetischen Texten von Element of Crime. Einen Tag nach dem Wiener Co-Headlinger-Gig vor PJ Harvey beim bisher in Wiesen stattfindenden Harvest of Art waren die Berliner Folkrock-Chansonniers zum Festivalabschluss angesetzt. Mit einem Saxofonisten als Verstärkung lieferten die Vier ein gewohnt schönes Schunkel-Set mit viel Material vom 2014 erschienenen 13. Studioalbum “Lieblingsfarben und Tiere”. Auch einzelne Klassiker waren dabei, das kultige “Delmenhorst” etwa, das programmatische “Kaffee und Karin” oder das seltene Geschenk “Blaulicht und Zwielicht” aus dem Album “Damals hinterm Mond”, mit dem Regener bei einer von vier Zugaben ganz wunderbar “Ja ja, ja ja, ich liebe dich” raunte.

Abseits davon klingt die Stimme des begnadeten Songwriters und Autors mittlerweile noch ein wenig dreckiger, raubeiniger als sonst, vor allem beim Opener “Wenn der Morgen graut”. Mit so einer Stimme lässt es sich auch gut in gewohnt norddeutscher Lässigkeit Ansagen liefern, “die kein Mensch braucht”. Aber wenn man auf der Bühne “die Schnauze hält”, weiß Regener, “heißt es: Die sind arrogant! Sind wir ja auch, muss man aber nicht so raushängen lassen.” Betont uneitel also verabschiedete sich der Frontmann an diesem Abend mehrfach herzlich, mit einem lauten “Servus” und “Genial, Clam!”.

Kraftvolle Show von Glen Hansard auf der Burg Clam

Die Show, die hatte Regener wenige Stunden zuvor aber bereits ein Anderer gestohlen. Zwischen dem Indie-Folk-Duo Me + Marie und der US-Formation Dispatch sowie den Headlinern Rodriguez und Element of Crime in der goldenen Festival-Mitte platziert, lieferte Glen Hansard das kraftvollste, mitreißendste und der idyllischen Atmosphäre würdigste Set. Und das trotz seines “Geständnisses”, dass es nach seinem Vorabend-Gig bei der Harvest-Ausgabe in der Marx-Halle eben nicht bei dem einen geplanten Bier blieb. “Als die Sonne heute aufging, dachten wir: Das wird heute entweder ein wunderschönes Festival oder ein Desaster”, sprach der Ire und wusste, dass Ersteres eingetreten ist. “Aber wir sind hier und am Leben und wach und singen uns die Seele aus dem Leib.”

Das Markenzeichen des Folkrockers, live in stillen Momenten unvermittelt voll aufzudrehen und dann ebenso schnell wieder alles nur auf seine kräftige Stimme und Gitarre zu reduzieren, konnte sich in der malerischen Kulisse der Burgarena ideal entfalten. Mit einer zehnköpfigen Band – darunter Streicher und Bläser – im Rücken, bot er druckvoll, intensiv und mit ungemeiner Spiellust Songs aus seiner The-Frames-Zeit, Herzschmerz-Hits aus dem Musikfilm “Once” und Nummern aus seinem Solo-Zweitling “Didn’t He Ramble”, um dann mittendrin überraschend groovige Abstecher zu “Sexual Healing” oder Aretha Franklins “Respect” zu machen.

Die neu gefundene Leichtigkeit, die Hansards aktuellen Songs wie “Winning Streak” und “Her Mercy” anhaftet, war dem an diesem Abend überaus tanzfreudigen 46-Jährigen anzusehen und übertrug sich bis in die letzten Reihe der auf der Wiese Sitzenden. Da wurde aus voller Kehle mitgesungen und sogar das bereits kultige Siegesritual der Isländer bei der Fußball-EM ausgeführt: “Huh!” Während die vor dem heutigen Endspiel ausschieden, steht der Gewinner des Harvest of Art-Finale fest: Glen Hansard.

(APA/Red)

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