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Das Duell

©APA
Gastkommentar von Andreas Unterberger: Die Wiener Wahl ist zu einem totalen und direkten Duell zwischen Michael Häupl und H.C.Strache geworden – auch wenn Häupl fast jeder persönlichen Wahlkampf-Konfrontation aus dem Weg zu gehen versucht.

Aber inzwischen ist in den Köpfen fast aller Wiener Wähler die Tatsache angekommen, dass es ein sehr knappes Rennen werden dürfte (wenngleich die SPÖ bei allen Umfragen derzeit noch den Kopf knapp vorne hat). Diese Zuspitzung der Wahl zum Duell hat eine ganze Reihe von Konsequenzen, die Rot wie Blau nützen und den übrigen Parteien schaden werden. Auf der linken Seite dürfte die SPÖ von den Grünen und Neos mehr Stimmen abziehen, als erwartbar gewesen ist. Ideologisch links motivierte Wähler werden als Folge der Zuspitzung des Wahlkampf zum Duell – viel stärker als noch vor einigen Wochen vorhersehbar gewesen – vor allem von einem Motiv angetrieben werden: Es soll unbedingt eine linke Partei die Nummer eins werden. Und das kann klarerweise nur die SPÖ sein.

Daher wird der von Grün und Pink seit Jahr und Tag geschürte Hass auf die Freiheitlichen letztlich der dritten Partei des Anti-FPÖ-Ressentiments helfen, also der SPÖ.

Die Grünen geraten ins Hintertreffen

Damit dürften wieder einmal viele Hoffnungen der Grünen schwinden, selbst links motivierte SPÖ-Wähler ins eigene Lager ziehen zu können. Dabei schien das vor wenigen Wochen noch durchaus wahrscheinlich. Damals hat sich die SPÖ aus sehr unschönen Motiven einen (türkischstämmigen) SPÖ-Kandidaten einfach gekauft. Damals haben sich die Grünen als die weitaus am deutlichsten asylantenfreundliche Partei zu profilieren begonnen.

Beide Faktoren hätten bei moralistischen Linken eigentlich einen Trend zu den Grünen hin auslösen müssen. Jetzt aber dürfte der Gedanke entscheidend geworden sein: „Am wichtigsten ist, wer als erster ins Ziel kommt“. Daher wird es immer gleichgültiger, dass die grünen Gemeinderäte mit Sicherheit nur einen SPÖ-Exponenten an die Spitze des Rathauses gehievt hätten.

Kommt es zum Machtwechsel in Wien?

Ganz ähnlich kommt aber auch auf der anderen Seite die Zuspitzung auf ein rot-blaues Kopf-an-Kopf den Freiheitlichen zugute. Zum einen sind sie weitaus deutlicher denn die ÖVP als vehemente Gegner der Massenzuwanderung profiliert. Damit treffen sie die Meinung einer klaren Bevölkerungsmehrheit. Das müssen sie nicht einmal mehr plakatieren. Das besorgen schon in ihrer Einfalt die politischen Gegner der FPÖ, wie Rot, Grün, ORF, etliche NGOs und mit besonderer Vehemenz die Neos.

Aber noch mehr wird der FPÖ ein anderer Aspekt nützen: Mit ihr besteht heuer zum ersten Mal seit hundert Jahren eine realistische Chance, dass erstmals bei einer Wiener Gemeinderatswahl nicht mehr die Sozialisten an erster Stelle landen werden. Diese Motivation ist für viele bürgerliche Wähler geradezu unwiderstehlich, aber auch bei solchen, die Demokratie einfach als Machtwechsel verstehen, bei dem nicht immer die selbe Partei regieren sollte.

Die Möglichkeit, die SPÖ als Nummer eins entthronen zu können, spricht auch bei all jenen für die FPÖ, die der massiven Korruption und Medienbestechung mit Steuergeldern überdrüssig sind. Diese ist ja in der Stadt Wien weit schlimmer als in jeder anderen Stadt. Diese Missstände werden zwar auch von anderen Parteien zum Teil viel heftiger kritisiert. Aber spätestens die Realität der grünen Regierungsbeteiligung in den letzten Jahren hat bei vielen den Eindruck erweckt, dass ein kleiner Koalitionspartner daran überhaupt nichts ändern kann. Und dass er sogar mittut, selbst wenn man Medienbestechung vorher noch vehement kritisiert hat. In der Periode der grünen Mitregierung sind jedenfalls diese Missstände nicht nur nicht rückgängig gemacht, sondern sogar noch schlimmer geworden.

Neos könnte Pro-Häupl-Kurs auf den Kopf fallen

Realistische Wähler wissen natürlich, dass keine Partei von den Versuchungen der Korruption frei ist. Aber in der Regel bringt ein Machtwechsel zumindest kurzfristig doch eine Besserung. Schon deshalb, weil dann viele Unterschleife der davorliegenden Machthaber öffentlich aufgedeckt werden. Das kommt bei vielen Beamten als Warnung an, dass der Schutz durch die jeweiligen Machthaber ein politisches Ablaufdatum hat.

Daher wird den Neos die Tatsache nicht viel helfen, dass sie in den letzten Jahren die Medienbestechung am stärksten kritisiert haben. Denn selbst dann, wenn sie überhaupt in den Gemeinderat kommen, signalisieren sie ja mit auffallender Deutlichkeit, dass eine Stimme für die Neos eine Stimme für einen SPÖ-Bürgermeister (oder zumindest gegen Strache) ist. Und dass damit statt der plakatierten „Veränderung“ eine Fortsetzung des Istzustandes droht.

ÖVP-Wähler werden zur FPÖ abwandern

Am meisten aber wird diese Perspektive „Endlich kann man einen roten Bürgermeister abwählen“ der ÖVP schaden. Die ÖVP-Wähler hatten beispielsweise 2002 in Wien bei der Nationalratswahl immerhin 31 Prozent ausgemacht (und sind wohl nur zu einem kleinen Teil verstorben). Sie haben ganz stark das Motiv im Herzen, einen neuerlichen roten Wahlsieg zu verhindern. Daher werden viele zum ersten Mal in ihrem Leben FPÖ wählen. Noch dazu da bei der FPÖ ein bürgerliches Urgestein wie Ursula Stenzel kandidiert. Noch dazu, da die ÖVP einen völlig emotionslosen faden Wahlkampf führt, in dem sie nicht nur das Bürgermeister-Thema, sondern auch das derzeit alle Österreicher bewegende Asylantenthema völlig ausklammert.

Freilich wird das Duell der ÖVP auch auf der anderen Seite schaden. Denn ein weiterer – wenn auch deutlich kleinerer – Teil der schwarzen Stammwähler will wiederum auf keinen Fall und nicht einmal indirekt Strache unterstützen (die ÖVP selbst muss sich jedoch eine Wahl Straches fast zwangsläufig offen halten, um nicht noch mehr Stimmen an die FPÖ zu verlieren).

Einige dieser Strache-feindlichen ÖVP-Wähler werden ins Lager der SPÖ überwechseln – auch wenn sie das im bisherigen Leben für völlig undenkbar abgesehen haben. Denn auch sie sehen die Frage der Nummer eins als besonders wichtig an, weshalb für sie weder Grün noch Pink in Frage kommen, selbst wenn sie da mehr inhaltliche Gemeinsamkeiten hätten…

Über den Autor

Der Autor war 14 Jahre Chefredakteur von „Presse“ bzw. „Wiener Zeitung“. Er schreibt unter www.andreas-unterberger.at sein „nicht ganz unpolitisches Tagebuch“, das heute Österreichs meistgelesener Internet-Blog ist.

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