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Das Burkaverbot geht zu weit

Zahlreiche Länder machen für das Burka-Verbot mobil.
Zahlreiche Länder machen für das Burka-Verbot mobil. ©APA/dpa
Gastkommentar von Johannes Huber. Auch wenn es gut gemeint ist, handelt es sich um eine Bevormundung, die in einem liberalen Rechtsstaat nichts verloren hat.

In der Integrationspolitik sei es wichtig, sich „auf die wesentlichen Herausforderungen zu fokussieren“. Also den Erwerb der deutschen Sprache, das Sich-Einbringen in die österreichische Gesellschaft, aber auch in den Freiwilligenbereich etc. Das müsse im Zentrum stehen. Alles andere seien „Nebenschauplätze“; zum Beispiel das Burkaverbot.  Damit werde man die Probleme nicht lösen: So sprach Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) vor nicht einmal drei Jahren in einer Nationalratssitzung zum Thema. Heute sieht er die Sache anders und spricht sich für ein Burkaverbot aus.

Der Sinneswandel ist nachvollziehbar: Seit der Rede im Hohen Haus am 10. Juli 2014 ist einiges passiert. Zehntausende Muslime sind ins Land gezogen, islamistische Terroranschläge haben europaweit für Verunsicherung gesorgt. Den Freiheitlichen, die immer schon vor solchen Entwicklungen gewarnt haben wollen, hat das viel Zustimmung gebracht. Also geben Vertreter der Altparteien klein bei. Zumindest ein Stück weit. Vorliegende Reformpläne, die demnächst abgesegnet werden sollen, enthalten auch vernünftige Ansätze, die dazu führen sollen, dass die neuen Zuwanderer möglichst schnell Deutsch lernen und einen Job finden. Daneben gibt es aber eben auch das Burkaverbot.

Das ist fragwürdig und verhängnisvoll zugleich, mischt sich der Staat damit doch in einer unnötigen Art und Weise in private Lebensweisen ein. Wobei man gar nicht daran denken mag, was noch alles kommen könnte, wenn das Schule macht: Noch mehr Bekleidungsvorschriften? Vielleicht auch Speisegebote oder gar –verbote? Der Phantasie sind keine Grenzen mehr gesetzt.

Einschreiten bei Zwang

Sofern schon einmal jemand eine echte Burkaträgerin gesehen hat, mag er von einem seltsamen Gefühl überkommen worden sein. Zu fremd ist das. Doch ist das ein Grund für ein Verbot? Nein. Grundsätzlich sollte man davon ausgehen, dass sich jeder so kleidet, wie er möchte. Dass sich eine Frau also aus freien Stücken das Gesicht verschleiert. Einschreiten sollte man daher erst dann, wenn sie das gezwungenermaßen bzw. gegen ihren Willen tut; das wäre eine Freiheitsbeschränkung, die nicht geduldet werden dürfte. Nur das sollte man folglich unter Strafe stellen. Und Punkt.

Vielleicht gibt es ja noch ein paar Argumente für ein Burkaverbot. Vorsicht ist dabei jedoch angebracht. Der Einwand beispielsweise, dass die Vollverschleierung einfach nicht zu „unserer Kultur“ gehöre, hinkt. Das klingt nämlich, als würde es eine einzige oder gar richtige Kultur geben. Doch davon kann keine Rede sein: Nicht einmal Heinz-Christian Strache, der sich als Retter des christlichen Abendlandes bezeichnet, geht jeden Sonntag in die Kirche. Viele sind von dort überhaupt ausgetreten und glauben nichts mehr. Abgesehen davon sind ihnen österreichische Autoren fremd, weil sie kein Buch in die Hand nehmen. Ein Theater haben sie noch nie von innen gesehen. Und statt Schnitzel und Apfelstrudel essen sie lieber Donuts und Burger. Im Übrigen sind sie im Gegensatz zu ihren Vorfahren nicht mehr der Meinung, dass man lebt, um zu arbeiten, sondern arbeitet, um zu leben; dass man es mit dem Fleiß also nicht übertreiben sollte.

All das muss möglich sein können. Entscheidend ist nur, dass diese Freiheiten von niemandem dazu missbraucht werden, die Freiheiten anderer zu beschränken. Wobei der Staat mit seinen Vorschriften und Sanktionen ausschließlich dafür zu sorgen hat, dass das eingehalten wird. Mehr nicht. Alles andere geht in einem liberalen Rechtsstaat genauso zu weit, wie das Burkaverbot.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.

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