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Dämonen und Wunder - Dheepan - Trailer und Kritik zum Film

Alle reden von Flüchtlingen. Der Franzose Jacques Audiard zeigt sie. Und doch ist "Dheepan", der in Cannes die Goldene Palme gewonnen hat, ein Flüchtlingsfilm, der in vieler Weise die Erwartungen unterläuft.

Dheepan ist ein tamilischer Kämpfer, der dem Bürgerkrieg in Sri Lanka entfliehen kann und im Bandenkrieg einer Pariser Banlieue landet. Am Freitag startet der Film in Österreich.

Dämonen und Wunder – Dheepan – Geschichte

“Dheepan” beginnt ganz ruhig und ganz trostlos. Mit einer ihm völlig unbekannten Frau und einem im Flüchtlingslager aufgelesenen elternlosen, neunjährigen Mädchen bildet er eine zu gefälschten Pässen passende Familie und wagt die Flucht nach Europa. Audiards Grundthema der ersten Stunde ist Fremdheit. Die drei vom Schicksal zusammengeschweißten Menschen sind einander lange fremd, die Sprachbarrieren sind ebenso hoch wie die Unsicherheit und Ungewissheit in einem völlig neuen Umfeld. Geradezu beunruhigend ruhig entwickelt der Film, der seine Österreich-Premiere bei der Viennale gefeiert hat, sein Thema.

Allmählich schälen sich zwei Handlungsstränge heraus: das allmähliche Zusammenwachsen der auf Betrug gegründeten Beziehung dreier Menschen, die kitschfrei mehr rau als zart gezeichnet wird, und die zunehmende Eskalation jener Situation, in der Dheepan dank obskurer Verbindungen gelandet ist. Der Sozialbau, in dem er einen Hausmeisterposten bekommt, ist, wie sich herausstellt, mitten im Operationsfeld einer Drogengang angesiedelt, und der junge Mann, mit dem sich Dheepans angebliche Frau Yalini anfreundet, ist einer ihrer Bosse. Die Gewalt, der die drei Menschen aus Sri Lanka entkommen wollten, ist plötzlich wieder Teil des neuen Lebens der Traumatisierten.

Dämonen und Wunder – Dheepan  – Kritik

Dheepan wird von einem Oberst der tamilischen Befreiungsarmee aufgespürt, der ihn als Waffen-Organisator gewinnen möchte. Der Kampf muss weitergehen! “Der Kampf ist für mich zu Ende”, entgegnet Dheepan – und wird brutal zusammengeschlagen. Dass er Gewalt- und Kampferfahrung hat, zeigt sich, als mitten zwischen den Hochhäusern der Vorstadt ein Bandenkrieg ausbricht, in dem die Fronten unklar sind, wo aber nicht lange gefackelt wird. Der Hausmeister zieht mitten in der aufgeheizten Situation in einer absurd anmutenden Aktion eine Sperrlinie und erklärt sein unmittelbares Terrain zur waffenfreien Zone. Damit und mit seinem furchtlosen Eingreifen, als er seine “Frau” bei einer Leibesvisitation vor den Berührungen der Gangster schützen möchte, begibt er sich in Lebensgefahr.

Längst hat Audiards Film seinen Charakter geändert, da bricht die Hölle aus und wir landen mitten in einem Albtraum aus Tod und Gewalt. Als Dheepans Fluchtgefährtin Zeugin eines Mordanschlags auf den Bandenboss wird und sie an der Seite des Schwerverletzten Todesängste aussteht, bricht der telefonisch Alarmierte zu einem Feldzug gegen eine ganze Gangsterarmee auf. In einer übersteigerten, stilisierten Action-Sequenz zeigt er diesen Gewaltakt als Befreiungskampf in eigener Sache, der ein glückliches Ende nimmt.

Die “Dämonen und Wunder” des deutschen Verleihtitels sind Teil einer Gedächtnisübung der “Tochter” der Familie, die ihren eigenen Kampf, nämlich jenen der schulischen Integration, ebenfalls gewinnt. Audiard hat die Dämonen ins Bild gerückt und am Ende gebannt: Im Epilog wartet das Wunder. Und eine glückliche Zukunft für die drei Geflüchteten. Dass die keine reine Utopie sein muss, beweist der Hauptdarsteller Jesuthasan Antonythasan. Er war einst selbst Kindersoldat in der tamilischen Befreiungsarmee und flüchtete über Thailand nach Frankreich. Dort hat er politisches Asyl bekommen und ehe er als Autor Erfolg hatte, etliche Gelegenheitsjobs übernommen – unter anderem als Hausmeister.

(APA)

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