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Cybermobbing: vom Jugendphänomen zum Problem für die Gesellschaft

Von Cybermobbing sind längst nicht nur mehr Jugendliche betroffen.
Von Cybermobbing sind längst nicht nur mehr Jugendliche betroffen. ©dpa (Themenbild)
Immer mehr Menschen werden Opfer von Cybermobbing. Dabei handelt es sich nicht mehr um ein Jugendphänomen, denn längst sind auch Erwachsene betroffen. Auch Unternehmen stehen vor neuen Herausforderungen.

Fiese Kommentare auf Instagram, gefälschte Profile auf Facebook oder demütigende Videos bei Whatsapp – Cybermobbing ist vielfältig und tritt immer häufiger auf. Warum ist der Terror im Netz so gefährlich, was treibt Täter an und wie können sich Unternehmen wappnen?

Was ist das Gefährliche am Mobbing im Netz?

Internetmobbing hat eine besondere Dynamik und ist schwer kontrollierbar. Die Inhalte, ob erniedrigende Kommentare, peinliche Nacktfotos oder üble Beleidigungen, verbreiten sich rasant und können quasi jederzeit und überall gespeichert, verändert und weitergeleitet werden. “Mit der Verbreitung des Smartphones ist auch das Cybermobbing viel mobiler geworden. Der Schritt zum Täter wird noch leichter”, sagt Catarina Katzer vom Institut für Cyberpsychologie und Medienethik in Köln. Ein weiteres Problem: Die Anonymität im Netz verringert das Entdeckungsrisiko und führt zu einer niedrigen Hemmschwelle. Zudem sind sich manche Täter der Folgen gar nicht bewusst, da sie diese nicht direkt mitbekommen. “Die Tränen im Netz sehen sie nicht, die Tränen auf dem Schulhof schon”, erklärt Katzer.

Gibt es konkrete Zahlen? Wie verbreitet ist Cybermobbing?

Genaue Zahlen sind schwer zu benennen. Fest steht, dass die Zahl der Fälle zunimmt. Internetmobbing habe sich in den letzten Jahren “wie ein Virus verbreitet”, sagt Uwe Leest, Vorstandsvorsitzender beim Bündnis gegen Cybermobbing. Bereits jeder fünfte Jugendliche wurde schon einmal Opfer von Hassattacken im Netz, wie eine weltweite Online-Studie des Mobilfunkanbieters Vodafone und des Meinungsforschungsinstituts YouGov ergab. Andere Experten gehen sogar von noch höheren Zahlen aus. Und: Der Terror im Internet trifft nicht nur Teenager, sondern ist längst bei Erwachsenen angekommen.

Über Internetmobbing bei Erwachsenen hat man bislang wenig gehört.

Ja, dieser Bereich ist noch relativ unerforscht. “Man hat das am Anfang immer ein wenig vernachlässigt, weil man dachte, das ist so ein Jugendphänomen”, sagt Katzer. Dabei werden längst nicht nur Jugendliche im Netz gemobbt. “Erwachsene tun sich aber häufig noch schwerer, den Opferstatus anzunehmen und sich Hilfe zu suchen”, sagt Katja Stilz, Expertin für Arbeitspsychologie.

Und wo mobben Erwachsene hauptsächlich?

Studien zufolge finden 59 Prozent der Attacken im privaten Umfeld statt, etwa wenn Menschen ihre Ex-Partner online stalken oder intime Videos von ihnen verbreiten. Doch die digital geprägte Arbeitswelt lässt eine erhebliche Zunahme der Cybergewalt im beruflichen Umfeld erwarten. Und egal ob bei Jugendlichen oder Erwachsenen, die Motive sind oft Spaß am Fertigmachen, Neid, Frust oder auch die pure Langeweile.

Was treibt Täter an, Arbeitskollegen online fertigzumachen?

Forschungen haben gezeigt, dass Täter überdurchschnittlich oft ein schwaches Empathievermögen und geringes Verantwortungsbewusstsein aufweisen. Zudem haben viele ein überzogenes Selbstbewusstsein bis hin zu einer narzisstischen Persönlichkeit. Stress und Unzufriedenheit, aber auch strukturelle Veränderungen und Angst vor dem Arbeitsplatzverlust förderten das Mobbingverhalten, sagt die Psychologin Katja Stilz. Dann geht es etwa darum, Konkurrenten auszuschalten, die eigene Position zu stärken oder das gekränkte Ego zu streicheln, etwa indem man Dateien von Kollegen löscht oder fiese Gerüchte über das Netz streut. Nicht selten werden übrigens Opfer später selbst zu Tätern.

Was bedeutet das für die Firmen und die Gesellschaft?

“Cybermobbing erzeugt einen enormen volkswirtschaftlichen Schaden. Es hat Auswirkungen auf die Sozialkultur und die Unternehmenseffizienz”, sagt Uwe Leest. Laut einer Studie des Bündnisses gegen Cybermobbing weisen Betroffene etwa fünf Krankheitstage mehr im Jahr auf als ihre Kollegen. Starre Hierarchien in Unternehmen begünstigen übrigens Internetmobbing. Schwächere oder niedriger gestellte Mitarbeiter hätten die Möglichkeit, aus der Anonymität heraus anzugreifen, erklärt Stilz.

Was können Unternehmen tun?

“Leider wird das Thema gerne unter den Teppich gekehrt”, sagt Catarina Katzer vom Institut für Cyberpsychologie und Medienethik. Das sei aber ein Fehler, man müsse ganz offen damit umgehen. Die ersten Firmen sind sich langsam des Problems bewusst, sie haben Kompetenzteams eingerichtet oder bieten anonyme Dienste an, an die sich die Opfer wenden können. “Beim Thema Cybermobbing müssen die Unternehmen null Toleranz zeigen”, sagt Stilz. Wichtig sei auch, die richtigen Leute auf die richtigen Posten zu setzen. Unterforderung und Überforderung seien maßgebliche Ursachen für Internetmobbing.

Cyberstalking und Happy Slapping: Formen des Cybermobbing

Cybermobbbing bezeichnet verschiedene Formen der Diffamierung, Beleidigung, Belästigung, Bloßstellung und Nötigung im Internet. Die Angriffe erfolgen etwa per Mail, über Messenger wie WhatsApp oder in sozialen Netzwerken. In Zusammenhang mit Cybermobbing haben sich weitere Begriffe etabliert:

Cyberstalking: Der Begriff bezieht sich auf das Stalking im Netz, also die Belästigung, Verfolgung oder sonstige Behelligung einer Person, etwa des Ex-Partners.

Revenge Porn (engl.: Racheporno): In manchen Beziehungen werden freizügige oder intime Fotos und Videos per Handy verschickt, das nennt man auch Sexting (Sex + texting (engl: simsen)). Nach der Trennung werden sie manchmal aus Eifersucht oder Wut öffentlich gemacht. In diversen Ländern und zahlreichen US-Staaten gibt es Gesetze dagegen, die Opfer schützen sollen.

Outing: Jeder hat Geheimnisse, die er nicht mit anderen teilen will. Gelegentlich werden sie böswillig veröffentlicht – “geoutet”.

Happy Slapping (engl: fröhliches Schlagen): Dabei werden gewaltägige Übergriffe –  vom spontanen Schlagen auf die Wange bis hin zur sexuellen Nötigung – per Kamera aufgezeichnet. Das Material wird dann ins Netz gestellt und das Opfer somit erneut gedemütigt. (dpa)

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