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Command and Conquer 4: Trauriges Ende

Das Ende von Kane, von Command and Conquer?
Das Ende von Kane, von Command and Conquer? ©Waibel
Ich bin enttäuscht, maßlos enttäuscht. Ich wusste im Vorfeld, das neue „Command and Conquer“ – nach Willen der Entwickler von nunmehr Electronic Arts das Ende der Serie rund um Superglatze Kane – wäre „anders“. Wie anders es für jeden einzelnen Gamer ist, muss jeder für sich entscheiden, für mich war es deutlich zuviel „anders“.  

Vor über 10 Jahren hatte ich das unwahrscheinliche Glück, das Westwood-Studio in Las Vegas besuchen zu dürfen – als einer der letzten Besucher vor Auflösung der Niederlassung und auch der Firma Westwood als eigenständige, geniale Strategie-Game-Entwickler. „Command and Conquer“ befand sich als Marke dazumal auf ihrem Zenit, Tausende und Abertausende Gamer rund um den Globus kannten und liebten die herrlich trashige, kurzweilige und so perfekt durchgestylte Strategieserie aus dem Traditionsstudio von Westwood. Bekannt wurde das Studio erstmals durch ein Strategiespiel namens „Dune“ – angelehnt an den Kinofilm, doch erst „Command and Conquer“ (Kommandiere und Erobere) sorgte für den fulminanten internationalen Durchbruch. Die für damalige Zeiten bombastisch, humorig und herrlich trashig inszenierten Rendervideos zwischen den Missionen mit echten Schauspielern machten CnC einzigartig und sorgten für ebensoviel Charme wie die bis zuletzt strohdoofen Rohstoffsammler.

Bereits 1999 begann also der Abstieg der Serie, und schon das erste „Command and Conquer“ unter der Federführung von Electronic Arts Pacific, wozu die Reste der Belegschaft des einstmaligen Erfolgsstudios nach Aufkauf durch den Branchenriesen zusammengefasst wurden, war ein technisch gutes Echtzeitstrategiespiel, dem irgendwie die Seele fehlte. Dabei waren die letzten beiden noch mehr oder weniger noch unter Westwood-Federführung und ab Ende 1999 veröffentlichten „Tiberian Sun“ und „Alarmstufe Rot 2“ noch richtig fein und von Westwood-Geist beseelt. Aber bereits die Idee, auf Basis der Serie einen Egoshooter zu produzieren, war für EA Pacific ein Schuss in den Ofen, – „Renegade“ war einer der größten Flops 2002. Um aus der Serie noch etwas Geld zu machen, wurde 2006 unter dem Titel „Command and Conquer – die ersten 10 Jahre“ eine Jubiliäumssammlung der besten CnC-Titel veröffentlicht – welche auch in keiner Sammlung eines Strategiefans fehlen sollte. Von da ab folgte ein mäßig beliebtes „Generals“, das erstmals in oft ruckeliger 3D-Grafik präsentiert wurde. „Tiberium Wars“ setzte diesen Trend fort: Schick in 3D inszeniert mit einer tollen Engine und mit einem Addon 2008 versehen, zählte dieses CnC noch zu den erfolgreicheren der letzten Jahre.

Ein geplanter Taktikshooter namens „Tiberium“ wurde 2008 eingestampft, und auch Alarmstufe Rot 3 bescherte dem Studio keinen wirklichen Erfolg mehr: Das Addon Uprising, das 2009 dazu erschien, war so sinnlos unausbalanciert bockhart, dass selbst Kenner der Serie und Profistrategen schier verzweifeln ließ. Nun, mit dem lange erwarteten „Tiberian Twilight“ als viertem und angekündigterweise letzten Teil und Höhepunkt der Serie, entfernen sich die Entwickler sehr unrühmlich vom Erfolgsrezept der Serie und setzen dieser an sich so genialen Spielidee leider ein nur sehr trauriges Denkmal.

Zwar spielt sich „Command and Conquer 4“ sehr flott, bricht aber mit allen Traditionen der Serie. Für uns Fans war CnC immer: Rohstoffe sammeln, womöglich schneller als der Gegner eine Armee hochziehen und dann losziehen, um die Basis des Opponenten zu schleifen. Tiberian Twilight bricht mit Basenbau, den so herrlich doofen Sammlern und Rushs (Aufbau einer starken Einheitengruppe hinter dicken Basismauern und Verteidigungsanlagen, um dem Gegner keine Chance zu lassen). Stattdessen dreht sich nun alles um die sogenannten Crawler. Diese mobilen Fabriken gibt es in drei Ausrichtungen: Offensiv, defensiv und Supporter. Die Wahl bestimmt, auf welche Waffen man zurückgreifen darf. Offensiv-Spieler verfügen über die mächtigsten Bodeneinheiten in der Schlacht – darunter riesige Avatar-Roboter, Skorpion- und Mammut-Panzer sowie Mastodon-Walker. Verteidiger halten sich zurück und rekrutieren hauptsächlich schwächliche Infanteristen. Dafür können diese sich eingraben, Bunker und Abwehrtürme erschweren dem Gegner die Eroberung. Beim Unterstützungs-Crawler handelt es sich um einen Schwebeeinheit, die Bomber und Jagdflugzeuge in die Schlacht schickt, aufgepeppt durch zeitlich begrenzte Sonderfähigkeiten.

So flott das Gameplay, so nichtssagend und mau die Realfilmsequenzen, die zwar mit viel B-Movie-Charme aufwarten, jedoch ohne bekannte Gesichter. Gaben sich im Vorgänger noch Jennifer Morrison oder auch Michael Ironside ein Stelldichein, wirkt die Szenerie hier dank unbekannter Mimen nun nur noch zwanghaft bemüht. 

Neu an diesem CnC: Auf einmal scheint Oberbösewicht Kane – wieder meisterhaft gemimt von Joe Kucan – und somit der einzige Lichtblick für Fans – auf Seiten der GDI zu stehen. Die NOD stellt sich gegen ihren einstmaligen Führer und somit ist der serientypische Konflikt zwischen spießigen Militaristen GDI und den fanatisch sektiererischen NOD schon wieder vorprogrammiert. Die Story bleibt aber seicht, im Mittelpunkt steht die für altgediente Fans einfach nur übertrieben hektische Handlung auf den Schlachtfeldern. So kommt es je nach Situation auf die Wahl des geeignetesten Crawlers an, so spielentscheiden wie noch nie zuvor greift das altbekannte Stein-Schere-Papier-Prinzip. Erfahrungspunkte durch erreichte Ziele schalten in einem unübersichtlichen Talentbaum neue Fähigkeiten frei, deren Nutzen eher Zünglein an der Waage ist.

Technisch merkt man der Engine an, dass sie ihren Zenit bereits überschritten hat – dazu kommt eine durchaus unpopuläre und mittlerweile gehasste neue Kopierschutzmethode. Wer CnC 4 kauft und installiert, bindet das Spiel mittels Seriennummer an einen zu erstellenden EA-Account. Diese Kopierschutz genannte Methode verunmöglicht auch den Gebraucht-Weiterverkauf des Titels, was bei diesem Titel besonders fatal ist. Denn viele Gamer und Kenner der Serie werden dieses CnC mehr hassen als mögen, da bleibt dann nur noch die Mülltonne, da Weitergabe nicht mehr möglich ist. Zudem muss der Spieler nicht nur zum Einloggen sondern auch während des Spiels über eine aktive Verbindung via Internet zum EA-Masterserver verfügen. Bricht diese Verbindung ab, stoppt das Spiel – eine ungeheure Bevormundung, wie auch die vielkritisierte ähnliche Maßnahme von Ubisoft. Das einzig positive an der Sache: Rasch lässt sich ein Koop-Kollege für das weitestgehend auf Koop aufgebaute Tiberian Twilight finden.

Fazit:

Wenn ich an das gute alte Westwood-Studio vor dem „Anschluss“ an Electronic Arts denke, blutet mir das Herz. Ich habe außer vielleicht noch Diablo keine Spieleserie so geliebt, und was EA Pacific nun den Abschluss und Höhepunkt der Serie nennt, spottet jeder Beschreibung. Es mag Gamer geben, die das an sich gut designte flotte Strategiespiel mögen werden – aber die meisten CnC-Fans werden wohl, wie ich, sehr enttäuscht werden. Zudem ist der Kopierschutz mit Entwertung des Spiels durch Anmeldung eines Accounts am EA-Masterserver eine ungeheure Bevormundung und Entrechtung von uns Gamern, wozu ich auch schon Ubisoft ausreichend kritisiert habe. Für mich als Resümee steht fest: Das letzte wirkliche Command and Conquer, dessen Kauf sich als Fans der Serie wirklich lohnte, war „Command and Conquer – die ersten 10 Jahre“, das es derzeit für ab 20 Euro zu kaufen gibt. Mehr Command and Conquer-Spielprinzip bekommt man nie mehr. Schade, Electronic Arts – das wäre besser gegangen… Westwood: Rest in Peace.

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