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Clash - Kritik und Trailer zum Film

Kairo zur Zeit des Militärputsches 2013: Regisseur Mohamed Diab schildert das pseudodokumentarische Porträt einer Gesellschaft, indem er diese in einen nur wenige Quadratmeter großen Truck packt. So dient der Laster als Gefangenentransporter, der über den Film hinweg zum Schauplatz von großen und kleinen Tragödien wird, in denen sich die Proteste und Gewalt widerspiegeln, die sich zwischen Muslimbrüdern und Anhänger des Militärs entspinnen.

Man sitzt noch im Dunkeln, hört aber den Truck schon anfahren. Noch ist er leer, im Laufe der gut eineinhalb Stunden von “Clash” werden die wenigen Quadratmeter, die dieses Gefährt für einen Gefangenentransport bereithält, allerdings zum Schauplatz von großen und kleinen Tragödien. Regisseur Mohamed Diab zeigt in seinem Film ein oft unmenschlich-brodelndes Ägypten. Ab Freitag im Kino.

Clash – Kurzinhalt zum Film

Sein Ausgangspunkt ist der Militärputsch im Sommer 2013, der den damaligen Staatspräsidenten und Anhänger der islamistischen Muslimbruderschaft Mohammed Mursi zu Fall brachte. In der Folge kam es zu Protesten und Gewaltausbrüchen, die oft mit ebensolchen Mitteln niedergeschlagen wurden. Hier steigt Diab, der das Drehbuch mit seinem Bruder Khaled verfasst hat, ein – an einem heißen Sommertag, der sich für viele, höchst unterschiedliche Gruppen zu einer wahren Tortour entwickeln wird.

Die politischen Hintergründe werden dabei nur kurz umrissen. Vielmehr wirft Diab die Zuseher mitten ins Geschehen, als ein ägyptisch-amerikanischer Journalist und sein Kameramann in den Lkw verfrachtet werden. Bald folgen ihnen weitere: Eine aufgebrachte Meute verachtet sie als Verräter, wird doch für den Steinhagel, der auf das Fahrzeug einprasselt, ebenfalls festgenommen. Später folgen Muslimbrüder, was die Spannungen der Straße sofort ins Innere des Trucks hievt, wo sich diese in Faustschlägen entladen. Mittels Wasserwerfer wird das eng verknotete Menschenknäuel schließlich wieder getrennt.

Clash – Kritik zum Film

Unerträgliche Hitze und schier endloses Warten; Anspannung, Wut und gegenseitiges Misstrauen; zutiefst menschliche Bedürfnisse und Nöte: All diese Aspekte packt Diab in den Gefangenentransport, der sich mal schleppend durch die engen Straßen Kairos quält, an einem Hinterhalt kurz gestoppt wird und schließlich im nächtlichen Chaos vor dem Abgrund steht. Stets nimmt die Kamera (Ahmed Gabr) den Blick aus dem Inneren ein, zieht die Zuschauer durch oft verwackelte Bilder und schnelle Schnitte hinein ins Geschehen und lässt sie mitleiden an den Qualen und der Ungewissheit.

Denn wer hier schuldig oder unschuldig ist, das interessiert den Filmemacher, der mit seinem Werk 2016 in Cannes die Reihe “Un Certain Regard” eröffnete, gar nicht. Stattdessen führt er zwischenmenschliche Dynamiken vor Augen, die sich auf engstem Raum entwickeln. Es wird um eine Wasserflasche gestritten, dann über Haarausfall lamentiert, sich gemeinsam an die Revolution von 2011 erinnert oder in einem Moment des kurzen Friedens gemeinsam gesungen und gelacht. Die hellen Momente, man braucht sie wie einen Bissen Brot, um sich in all dem Chaos und der Härte von “Clash” nicht gänzlich verloren zu fühlen.

Dennoch bleibt man zu jeder Sekunde dran an diesem intensiven Kammerspiel, das schon von Anfang an Gedanken an ein Happy End absurd erscheinen lässt. Die Charakterzeichnung gelingt auch dank großartiger Schauspielleistungen von Nelly Karim, Ahmed Malek oder Hany Adel höchst überzeugend. Letztlich ist es aber das Gesamtgefüge aus behutsam eingesetzter musikalischer Untermalung, sich stetig änderndem Erzähltempo und vielseitigen Geschichten, das “Clash” äußerst sehenswert und zu einem nachdenklich machenden Drama werden lässt.

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(APA/Red)

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