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Causa Firtasch: OLG Wien kritisiert spanischen Haftbefehl in Gerichtsbeschluss

Das Oberlandesgericht Wien kritisiert in seinem Gerichtsbeschluss den spanischen Haftbefehl für Firtasch.
Das Oberlandesgericht Wien kritisiert in seinem Gerichtsbeschluss den spanischen Haftbefehl für Firtasch. ©APA (Sujet)
Das Oberlandesgericht Wien hat am 19. Dezember 2017 rechtskräftig die Auslieferung des ukrainischen Oligarchen Dmitri Firtasch nach Spanien abgelehnt. In der Schriftfassung dieses Beschlusses betont das OLG seine Kritik am spanischen Haftbefehl für den Ukrainer, der sich wegen eines Auslieferungsbegehrens der USA seit 2014 in Österreich aufhalten muss.
Auslieferung abgelehnt
Firtasch bleibt in Haft
Landesgericht entscheidet
Oligarch festgenommen
OLG berät zu Auslieferung
Drei Jahre "goldener Käfig"

Die spanischen Behörden seien trotz mehrmaliger Aufforderung nicht in der Lage gewesen, Ersuchen durch Staatsanwaltschaft und Gericht mit strukturierten, nachvollziehbaren Sachverhaltsschilderungen samt Angaben zu Tatzeitpunkten und Tatorten nachzukommen, begründet das OLG Wien seine Entscheidung, eine Auslieferung Firtaschs nach Spanien nicht zuzulassen.

Causa Firtasch: Kritik an spanischem Haftbefehl in Gerichtsbeschluss

Konkret, so resultiert aus dem OLG-Beschluss, hatte das Amtsgericht Nummer 21 von Barcelona der Staatsanwaltschaft Wien einen mit 21. November 2016 sowie einen weiteren mit 7. Dezember 2016 datierten Europäischen Haftbefehl übermittelt, die am 21. Februar 2017 zu einer kurzfristigen Festnahme von Dmitri Firtasch geführt hatten. Das Landesgericht (LG) Wien entschied sich damals jedoch dafür, den Ukrainer zunächst auf freien Fuß zu setzen. Anschließend wartete das LG Wienmonatelang vergeblich auf weitere Details zu den spanischen Vorwürfen gegen Firtasch und lehnte seine Überstellung am 29. August 2017 in erster Instanz ab.

Der ursprüngliche Europäische Haftbefehl, so referiert nun das OLG Wien, habe zunächst seitenweise US-amerikanische Vorwürfe gegen Firtasch wiedergegeben und anschließend lapidar behauptet, dass sich eine Geldwäschestruktur von Firtasch auf Spanien ausdehne. Jedoch sei ein “enger Kontakt” oder eine Vertrauensstellung zu einem Tatverdächtigen kein Tatbeitrag und auch keine Beteiligung an einer kriminellen Organisation. “Dem Mitschnitt von Telefonaten lässt sich nicht nur keinerlei kriminelles Verhalten des Betroffenen entnehmen, sondern ist daraus auch nicht im Entferntesten ein Anhaltspunkt für irgendeine strafbare Handlung ableitbar und ergibt sich daraus auch keinerlei Anknüpfungspunkt für eine spanische Jurisdiktion”, schreiben die Wiener Richter. Auch biete eine Ankunft von Firtaschs Tochter am Flughafen von Malaga noch keinerlei Anlasspunkt für kriminelle Aktivitäten von Firtasch in Spanien.

Aber auch im später vorgelegten ergänzten Europäischer Haftbefehl beschränke sich die Beschreibung der illegalen Aktivitäten der kriminellen Vereinigung auf allgemeine Ausführungen ohne näher – insbesondere in Bezug auf Firtasch – auszuführen, zu welcher Zeit und an welchem Ort die kriminelle Vereinigung strafbare Aktivitäten unternahm, kritisiert das OLG Wien. Es fehlten zudem konkreten Angaben zu strafbaren Handlungen sowie konkreten Geldwäschehandlungen und auch aus einer weiteren Formulierung im Haftbefehl könne keinerlei auch nur ansatzweise strafbare Handlung abgeleitet werden, heißt es im Beschluss.

OGH untersagt Auslieferung nach Entscheidung des OLG Wien

Kurz nach der rechtskräftigen Ablehnung von Firtaschs Auslieferung nach Spanien war am 20. Dezember auch bekannt geworden, dass der Oberste Gerichtshof (OGH) eine bis zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich mögliche und vom Justizminister zu beschließende Auslieferung des ukrainischen Oligarchen in die USA durch einen sogenannten Hemmungsbeschluss einstweilen untersagt hat. Dieser Beschluss war möglich geworden, nachdem Firtasch im August einen sogenannten Erneuerungsantrag zur rechtskräftigen Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Wien gestellt hatte, das seinerseits im Februar 2017 seine Auslieferung in die USA für zulässig erklärt hatte. Dem Ukrainer werden in Chicago Bestechungsdelikte im Zusammenhang mit einem nie realisierten Titanerz-Projekt in Indien vorgeworfen. Er selbst weist diese Anschuldigungen zurück, seine Anwälte erachten US-Gerichte zudem für nicht zuständig. Firtasch befindet sich derzeit gegen eine Kaution von 125 Millionen Euro auf freiem Fuß.

Insbesondere weil der OGH vor seinem Beschluss über Firtaschs Erneuerungsantrag den Ausgang eines anderen Verfahrens am Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg abwarten wird, schlossen zuletzt auch Rechtsvertreter des Ukrainers eine baldige Entscheidung in der Causa aus. “Obwohl sich dies weiterhin nur schwierig mit völliger Genauigkeit vorhersagen lässt, ist es derzeit unwahrscheinlich, dass Herr Firtasch in der unmittelbaren Zukunft in die USA ausgeliefert werden wird”, informierte Firtaschs US-amerikanischer Anwalt Dan K. Webb bereits am 20. Dezember 2017 die in Chicago für den Fall zuständige Richterin Rebecca R. Pallmeyer über aktuelle Entwicklungen in Österreich. Webbs Brief wurde – wie in den USA üblich – im öffentlichen Gerichtsregister veröffentlicht.

(APA/Red)

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