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Casting - Trailer und Kritik zum Film

Die Suche nach dem gewissen Etwas ist nicht leicht: Regisseurin Vera soll fürs Fernsehen das Remake eines Fassbinder-Klassikers umsetzen. Doch wenige Tage vor Drehstart kracht es gehörig: Kulisse nicht fertig, Hauptdarstellerin nicht gefunden, die Vorbereitungen eine Tortur. Was hinter Studiotüren so alles passiert, hat Nicolas Wackerbarth mit "Casting" eingefangen.

Neben dem Film-im-Film-Setting hat der deutsche Regisseur einen sehr speziellen Zugang gewagt: Die Darstellerregie bekam nämlich nur häppchenweise die jeweils nächste Situation präsentiert, Dialoge wurden nicht vorgegeben. Mit diesem Improvisationsansatz hat Wackerbarth, der gemeinsam mit Hannes Held das Buch verfasst hat, Schauspieler wie Andreas Lust, Judith Engel und Andrea Sawatzki auf eine Abenteuerreise geschickt, die trotz Fernsehästhetik in allen Belangen überzeugt.

Casting – Die Handlung

Gerwin (Lust) ist gewissermaßen der Dreh- und Angelpunkt: Für die Neuverfilmung von “Die bitteren Tränen der Petra von Kant” gibt er auf der Suche nach der Hauptdarstellerin den Anspielpartner beim langwierigen Castingprozess. Eine Größe nach der anderen wird Regisseurin Vera (Engel) von der leicht fahrigen Casterin (Milena Dreißig) vorgesetzt, doch keine ist ihr recht. Während der Produzent mehrfach die Rute ins Fenster stellt und die Fernsehredaktion von außen ihre Wünsche deponiert, sinkt die Stimmung am alles andere als fertigen Set rapide.

Nur einen scheint es nicht zu stören: Gerwin lässt sich kaum aus der Ruhe bringen, stichelt mal hier, mal dort, um seine Arbeit in die Länge zu ziehen. Selbst hat er schon länger nicht mehr gedreht, bekommt aber zusehends Lust dazu. Als der eigentlich vorgesehen Hauptdarsteller dann das Handtuch zu werfen scheint, tut sich für den Opportunisten eine handfeste Möglichkeit auf. Doch letztlich, so scheint’s, ist in dieser oberflächlich so freundschaftlichen Umgebung jeder nur am eigenen Vorteil interessiert.

Lust macht es sichtlich Spaß, die unterschiedlichsten Facetten an den Tag zu legen: Vom missmutig in der Ecke stehenden Mann, der eigentlich gerne umschmeichelt wird, über den kokett mit seinen Kolleginnen flirtenden Charmeur bis zum intriganten Manipulateur darf er die ganze emotionale Klaviatur hoch und runter spielen. Sein Gerwin liegt stets eine Spur weit daneben und bringt seine Wünsche partout nicht auf den Boden. Zudem hat er als männliche Konstante am Set mit Engel, Sawatzki, aber auch Corinna Kirchhoff oder Victoria Trauttmansdorff kongeniale Partnerinnen an seiner Seite.

Casting – Die Kritik

Mit Handkamera ist man als Zuschauer ganz nah dran am Entstehungsprozess dieser Produktion, die unter keinem günstigen Stern steht. Aber ist das alles wirklich so außergewöhnlich? Wenn man sich die möglichen Konfliktherde vor Augen führt, trifft “Casting” durchaus ins Schwarze – und steht dabei wohl nicht nur stellvertretend für die Filmindustrie. Was hier an Machtspielen und zwischenmenschlicher Dynamik zutage gefördert wird, sieht man auch anderswo, wenngleich unter anderen Vorzeichen.

Wackerbarth ist für die eigene Branche jedenfalls ein höchst unterhaltsames Porträt gelungen, das viele Fragen aufwirft, definitiv zum Nachdenken anregt und nicht ohne Grund bereits auf Berlinale und Viennale reüssieren konnte. Sein Blick hinter die Kulissen schafft nämlich beides: Mehr Interesse und Nähe zum Schauspiel herzustellen und gleichzeitig die Traumblase vom Filmgeschäft platzen zu lassen. Vielleicht ist das doch nicht alles so glamourös und mit Leidenschaft vollgepumpt, wie mancher dachte.

>> Alle Filmstartzeiten zu “Casting”

(APA)

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