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Innenminister Kickl beantwortet dringliche Anfrage zur BVT-Causa

Kickl nimmt zur BVT-Causa Stellung.
Kickl nimmt zur BVT-Causa Stellung. ©APA
Nachdem die SPÖ an Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) eine Dringliche Anfrage zur BVT-Causa zur Aufklärung zu den Vorgängen gestellt hatte, nimmt dieser nun im Nationalrat zu den Fragen Stellung.
BVT-Affäre
Regierung dementiert
SPÖ droht mit U-Ausschuss
FPÖ spricht von Fake-News
Sondersitzung zu BVT-Affäre
Bericht wird geprüft
Gridling suspendiert
Dringliche Anfrage der Grünen
Kampf gegen Suspendierung
Sondersitzung im Nationalrat
Vorwurf gegen EGS-Leiter

Ein “linkes Spiel” unter dem Deckmantel politischer Aufklärung hat Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) am Montag im Nationalrat der SPÖ vorgeworfen. In Beantwortung einer Dringlichen Anfrage zur BVT-Affäre sprach er von der “beschämenden” Verunglimpfung eines rechtsstaatlichen Vorgangs. “Mich werden Sie nicht mundtot machen”, so Kickl: “Ich führe mein Ministerium gesetzeskonform”.

Kickl: Angriffe der SPÖ “beschämend”

Was im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) geschehen sei, sei ein Vorgang, wie ihn das rechtsstaatliche System vorsehe, so Kickl, der bezüglich der Hausdurchsuchungen immer wieder auf die Bestimmungen der Strafprozessordnung verwies. Alles sei “auf Punkt und Beistrich” eingehalten worden. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittle wegen des Vorwurfs von Datenmissbrauch in einem hoch sensiblen Bereich und sei Herrin des Verfahrens. “Sie bestimmt, was zu geschehen hat. Die Polizei führt aus”, so Kickl: “Und so etwas soll ein Putsch sein, Herr Kern?”

Der SPÖ-Klubchef diskreditiere den Sicherheitsapparat mit “Unwahrheiten, krausen Verschwörungstheorien” und der Unterstellung eines parteipolitischen Amtsmissbrauchs. Von Umfärbungen im BVT könne keine Rede sein, nicht einmal dem interimistisch eingesetzten Leiter könne man FPÖ-Nähe unterstellen. Auch gegen den suspendierten BVT-Leiter Peter Gridling habe er ursprünglich nichts gehabt. “Aber die Staatsanwaltschaft hat etwas gegen den Herrn Gridling”, so Kickl: “Und so jemanden soll ich in einer so sensiblen Position weiter schalten und walten lassen?”

“Lassen Sie die Justiz ihre Arbeit machen”

“Auch wenn es Ihnen nicht passt, die Sicherheit Österreichs ist nicht gefährdet, nur weil fünf Mitarbeiter einer Behörde einer Straftat verdächtigt werden”, sagte der Minister; und das bei insgesamt 33.000 Beamten des Innenministeriums. “Lassen Sie also die Justiz ihre Arbeit machen, Herr Klubobmann Kern.” Auch die Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) nahm er in Schutz. “Sie hat nichts anderes gemacht, als einen Auftrag der zuständigen Staatsanwaltschaft sauber und korrekt durchzuführen; und erfolgreich war es obendrein.”

Aus der Anfragebeantwortung selbst ergaben sich dann wenig Neuigkeiten. Er habe Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) am 28. Februar am Rande des Ministerrats informiert, führte Kickl aus. Zurzeit seien drei Beamte suspendiert, ein Vertragsbediensteter sei freigestellt worden. Die EGS sei aufgrund der “Frage der Unbefangenheit” zum Einsatz gekommen, und zwar in Zivilkleidung und in Standardausrüstung mit Dienstpistole. Dass die Daten ausschließlich durch IT-Experten der Staatsanwaltschaft erfolgt sei, könne er bestätigen. Die Begleitung von Zeugen durch einen Mitarbeiter des Ministeriums sei auf deren ausdrücklichen Wunsch geschehen. Er, Kickl, habe davon vorab nichts gewusst.

Kern attackiert Kickl scharf

Dem Extremismusreferat stünden seine Unterlagen weiter zur Verfügung, und er könne garantieren, dass weiter ungestört gegen jede Form des Extremismus ermittelt werden könne, so Kickl. Das Dossier, in dem erstmals Vorwürfe gegen das BVT aufgetaucht waren, kenne er seit Sommer 2017. Als Minister habe er dann seinen Generalsekretär Peter Goldgruber damit betraut.

Zuvor hatte SPÖ-Klubchef Christian Kern in seiner Anfragebegründung Kickl scharf attackiert und ein politisches Spiel auf dem Rücken jener Institutionen vorgeworfen, denen die Bevölkerung vertraue und auf die sie angewiesen sei. “Sehr geehrter Herr Bundesminister, Sie haben keine 100 Tage im Amt gebraucht, um dieses Vertrauen nachhaltig in Zweifel zu ziehen.” Kickl habe das BVT regelrecht lahmgelegt und Österreichs Sicherheitsinstitutionen im internationalen Ansehen beschädigt.

Mit der EGS sei eine Truppe zum Einsatz gekommen, dessen Chef “antisemitischen Mist” und Reichsbürger-Inhalte teile. “Wenn man sich das anschaut, ich sage es Ihnen ehrlich, dann dreht es einem den Magen um”, sagte Kern. Mehr als erschütternd sei es auch, wenn jene unter Druck gesetzt würden, die den Rechtsextremismus bekämpfen sollen. “Was haben Sie getan, um diese Zustände zu verhindern?”, fragte der SPÖ-Klubchef.

Gleich zu Beginn der Debatte hatte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) zur Mäßigung aufgerufen. Im Sinne des Vertrauens in die drei Säulen der demokratischen Republik ersuchte er, “sich mit der gebotenen Sachlichkeit und in respektvoller Art diesem Thema zu nähern”.

LIVE: Kickl nimmt zur Dringlichen Anfrage der SPÖ Stellung

 

Koalition startet Gegenangriff

Während sich die anderen Oppositionsparteien der SPÖ-Kritik an Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) anschlossen, versuchte die Koalition den Gegenangriff. FPÖ-Klubchef Walter Rosenkranz würde sich sogar über einen U-Ausschuss in der Causa freuen, könnte sich die SPÖ doch dort “bis auf die Knochen blamieren”. ÖVP-Sicherheitssprecher Werner Amon wiederum versuchte der Affäre einen neuen Spin zu geben.

Konkret wollte er den “SPÖ-Parteianwalt” Gabriel Lansky zur zentralen Figur der Causa machen. Der Hintergrund: Lansky hatte Anzeige erstattet, weil Daten aus einem Verfahren gegen ihn widerrechtlich vom BVT nicht gelöscht worden waren. Amon fragt sich nun, was sich in den Daten befinde, das für die SPÖ so heikel sei.

Einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der von der Opposition in den kommenden Tagen beantragt werden dürfte, sieht Amon eher skeptisch. Es tue zwar “in jeder Hinsicht” Aufklärung not. Vielleicht gebe es aber andere Möglichkeiten die Angelegenheit sinnvoll zu untersuchen.

Rosenkranz hätte hingegen mit einem Ausschuss gar kein Problem, denn aus seiner Sicht ist alles ganz korrekt gelaufen. Das beginne schon einmal beim Generalsekretär des Innenressorts, der die Hausdurchsuchungen beim BVT letztlich ins Rollen gebracht hatte: “Was hat denn ein Beamter zu tun, wenn ihm strafbare Handlungen zur Kenntnis gebracht werden? Zu handeln, und nichts anderes hat er getan, als seine Pflicht zu erfüllen.”

Kickl nimmt Rosenkranz in Schutz

Parteifreund Kickl nahm Rosenkranz soundso in Schutz. Denn für Hausdurchsuchungen sei nicht das Innenministerium, sondern die Staatsanwaltschaft zuständig und die habe sich noch den Segen dafür von einer Richterin geholt.

Auf weitere Enthüllungen stellt sich indes NEOS-Klubchef Matthias Strolz ein, sehe man doch bisher erst die Spitze des Eisbergs. Gleich vier Phänomene überlagern sich seiner Meinung nach in der Causa. Dabei geht es um eine “Umfärbekampagne” im Innenministerium von Schwarz auf Blau, um einen Dammbruch nach 18 Jahren “autoritärer Macht” im BMI, um einen “schwarzen Bruderkrieg” und schließlich um das Aufbrechen eines jahrelangen Stillhalteabkommens zwischen Rot und Schwarz.

Allerlei Ungereimtheiten ortet auch die Liste Pilz. Deren Klubobmann Peter Kolba brachte deshalb einen Misstrauensantrag gegen Kickl ein. Unter anderem ist für ihn nicht geklärt, ob Ermittlungsakten gegen rechtsextreme Kreise nicht abgegriffen sein könnten. Zudem steht für Kolba der Verdacht der Umfärbung des Verfassungsschutzes im Raum.

Für den geschäftsführenden SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder sieht die ganze Angelegenheit so aus, als ob hier absichtlich das BVT zerstört werde, weil der Innenminister einen schwarz-blauen Machtkampf für sich entscheiden wolle. Nun stehe das Bundesamt wenige Wochen vor Beginn der EU-Ratspräsidentschaft mit Besuchen der Staats- und Regierungschefs der Union führungslos da. Auch den Kanzler nahm Schieder in die Pflicht. Wer dem Geschehen tatenlos zusehe, übernehme dafür auch eine Verantwortung.

Peter Pilz wird in Causa BVT aktiv

Peter Pilz wird nach seiner längeren Absenz wieder politisch aktiv. Obwohl der Gründer seiner im Nationalrat eingezogenen Liste nach wie vor kein Mandat hat, will er sich am Dienstag in einer Pressekonferenz zur Causa BVT und dem immer wahrscheinlicher werdenden Untersuchungsausschuss äußern. Zudem verspricht Pilz “neue Fakten”, geht aus der Terminankündigung hervor.

Pilz hatte nach mehreren Vorwürfen der sexuellen Belästigung auf seinen Einzug in den Nationalrat verzichtet und sich für einige Zeit aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Zuletzt waren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Innsbruck gegen den ehemaligen Grünen-Mandatar bekannt geworden. Pilz kündigte daraufhin an, erst nach Abschluss des Verfahrens ins Parlament zurückzukehren.

Ob Pilz ein Mandat im Hohen Haus überhaupt annehmen kann, steht noch nicht fest: Zuletzt wollte keiner seiner Mitstreiter darauf verzichten. Möglich ist auch, dass er als parlamentarischer Mitarbeiter – etwa bei Untersuchungsausschüssen – für seine Liste aktiv wird.

Misstrauensantrag wurde abgelehnt

Erwartungsgemäß keine Mehrheit hat Montagnachmittag zum Abschluss der Sondersitzung des Nationalrats zur BVT-Affäre ein Misstrauensantrag gegen Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) gefunden. Das entsprechende Begehren der Liste Pilz wurde mit Koalitionsmehrheit abgeschmettert. SPÖ und NEOS stimmten hingegen für Kickls Abberufung.

Der Ressortchef hatte davor in einem zweiten Redebeitrag neuerlich alle Vorwürfe zurückgewiesen. So sprach er etwa von einer “‘Räubergeschichte”, wonach er sich über Razzien Daten habe besorgen wollen. Das habe er wohl nicht nötig, sich etwas über zehn Ecken zu organisieren, wo er als Ressortchef ohnehin jederzeit Zugriff hätte.

Dass die Hausdurchsuchung von der EGS und nicht von der Cobra durchgeführt wurde, begründete er damit, dass letztere mit ganz anderen Methoden operiere und es nicht notwendig gewesen sei, “so rabiat vorzugehen”. Behauptungen, wonach sogar die deutsche Kanzlerin Angela Merkel besorgt sei, wies Kickl zurück. Er habe seinen deutschen Amtskollegen gefragt, ob dem so sei und diese habe das dementiert.

Kurze Unterredung zu BVT im Nationalen Sicherheitsrat

Nicht allzu ausführlich – keine zwei Stunden lang – war die Unterredung über die Affäre rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) Montag am späten Nachmittag im Nationalen Sicherheitsrat. Einberufen wurde die Sitzung auf Wunsch der NEOS. Informationen über die Inhalte gab es keine, denn das Beratungsgremium der Regierung steht unter streng Vertraulichkeit. Dem Nationalen Sicherheitsrat gehören neben Kanzler, Vizekanzler und den zuständigen Ministern für Inneres und Justiz Vertreter aller Parlamentsparteien an, die einen Sitz im Hauptausschuss haben. Mit dem Zusammentreffen am Montag – gleich nach der Sondersitzung des Nationalrates – waren offenbar nicht alle Fragen beantwortet. NEOS-Abgeordnete Stefanie Krisper hatte sich einen “wichtigen Schritt zur Klärung der Causa BVT” erhofft. Und meinte danach, es sei gut, dass die Causa morgen im Unterausschusses des Innenausschusses weiter diskutiert wird.

Auch die SPÖ würde sich von dieser nächsten Gelegenheit transparente Antworten auf alle offenen Fragen erhoffen. Morgen, Dienstag, fällt dann die Entscheidung über die Einsetzung eines U-Ausschuss durch die Opposition, angeführt von der SPÖ. Auf den Weg gebracht werden kann er dank Minderheitsrecht noch in dieser Woche. Denn Mittwoch und Donnerstag tritt der Nationalrat zu regulären Sitzungen zusammen.

(APA/Red)

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