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Brand des Wiener Justizpalastes jährt sich am 15. Juli zum 90. Mal

Am 15. Juli 1927 legten Arbeiter ein Feuer im Wiener Justizpalast.
Am 15. Juli 1927 legten Arbeiter ein Feuer im Wiener Justizpalast. ©MA 68/Lichtbildstelle
Am 15. Juli vor 90 Jahren steckten aufgebrachte Arbeiter den Wiener Justizpalast in Brand. Grund war ein Freispruch rechter Frontkämpfer, die im Jänner im burgenländischen Schattendorf sozialdemokratische Schutzbündler erschossen hatten. Die Unruhen wurden von der Polizei gewaltsam beendet. Die blutige Bilanz des Zusammenstoßes: mehr als 80 Tote und 800 Verwundete.
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Gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Rechtsradikalen und Sozialdemokraten waren damals auf der Tagesordnung. So auch am 30. Jänner 1927 im burgenländischen Schattendorf. An diesem Tag schossen drei “Frontkämpfer”, Johann Pinter, Josef und Hieronimus Tscharmann, mit ihren Jagdgewehren aus den Fenstern des Tscharmannschen Hauses auf vorbeimarschierende Schutzbündler. Fünf Menschen wurden verletzt, ein siebenjähriges Kind und ein 41-jähriger Invalide starben.

Freispruch im Schattendorfer Prozess trotz zweier Toter

Die drei Angeklagten kamen am 5. Juli vor ein Geschworenengericht. In der Anklageschrift wurden sie “als Mittäter im gemeinsamen Einverständnis” bezeichnet, die wiederholt aus “Bosheit” Schüsse abgefeuert hätten. Aber – die Geschworenen fällten am 14. Juli einen Freispruch, sogar der Notwehrüberschreitung wurden sie freigesprochen. Und die christlichsoziale “Reichspost” nannte dies “ein klares Urteil.”

In der sozialdemokratischen “Arbeiter-Zeitung” schrieb Chefredakteur Friedrich Austerlitz: “Die eidbrüchigen Gesellen auf der Geschworenenbank haben sie in allen Schuldfragen freigesprochen und unter dem Siegesgeheul der anwesenden Frontkämpfer sind sie, die zwei Menschenleben auf dem Gewissen haben, sofort in die Freiheit gesetzt worden.” Weiters warnte er: “Aus einer Aussaat von Unrecht, wie es gestern geschehen ist, kann nur schweres Unheil entstehen.”

Sozialistische Arbeiter legten bei Demo Feuer in Justizpalast

Seine düstere Prophezeiung bewahrheitete sich am Tag nach der Urteilsverkündung. Am 15. Juli marschierten sozialistische Arbeiter von den Wiener Außenbezirken in die Innenstadt. Berittene Polizei suchte der Situation Herr zu werden. Beim Parlament und bei der Universität ging sie mit gezogenen Säbeln gegen die Demonstranten vor. Die Menge drängte in den Justizpalast und steckte ihn schließlich in Brand. Die Polizei reagierte mit Schüssen in die Menge. Es gab mehr als 80 Tote und 800 Verwundete.

Die Kluft zwischen den Lagern wurde immer tiefer. Es sollte aber noch drei Jahre dauern, bis die Gegensätze zwischen Sozialdemokraten und Republikanischem Schutzbund (1933 verboten) einerseits und Christlichsozialen und Heimwehr bzw. der Regierung auf der anderen Seite eskalierten. Der bewaffnete Bürgerkrieg vom 12. bis 15. Februar 1934 war die Folge.

(APA/Red)

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