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Brand auf griechischer Fähre: Sieben Tote - Kapitän verließ Schiff zuletzt

Einsatz bei der Rettung von der Fähre in der Adria
Einsatz bei der Rettung von der Fähre in der Adria ©EPA
Auf mindestens sieben ist die Zahl der Toten nach dem Fährunglück in der Adria gestiegen. Es seien zwei weitere Leichen entdeckt worden, teilte die italienische Küstenwache am Montagnachmittag auf Twitter mit.Inzwischen ist auch bekannt, dass der Kapitän die Fähre als Letzter verließ.
Panik und Schlägereien
Vier Tote geborgen
Unwetter erschwert Rettung
Brand auf Adria-Fähre
Bilder der Rettungsaktion
Nach Brand der Fähre

Zuvor hatte die italienische Regierung von fünf Toten berichtet. Zur Identität der Opfer gab es zunächst keine weiteren Angaben.

Kapitän verließ Schiff als Letzter

Der Kapitän der Sonntagfrüh in Brand geratenen Adria-Fähre “Norman Atlantic”, Argilio Giacomazzi, hat am Montag um 14.50 das Schiff verlassen. Dies teilte die italienische Küstenwache mit. Damit sei die Evakuierung offiziell abgeschlossen. Zuvor waren alle Passagiere und die weiteren Besatzungsmitglieder von Bord gebracht worden. Insgesamt hatten sich 478 Personen auf dem Schiff befunden.

Premier Renzi lobte Rettungsteams

Der 62-jährige Italiener Giacomazzi aus der ligurischen Hafenstadt La Spezia gilt als erfahrener Kapitän, der auf eine 40-jährige Karriere zurückblicken kann. Sein Engagement zur Rettung aller Passagiere wurde von Premier Matteo Renzi bei einer Pressekonferenz in Rom gelobt. Renzi dankte den Rettungseinheiten der italienischen Marine und der Küstenwache für die geleistete Arbeit. Er sprach den Familien der Topdesopfer sein Beileid aus.

Spekulationen zu den Opfern

Zu den Toten könnten ein armenischer Priester und eine Frau zählen. Augenzeugen hätten gesehen, wie sie ins Meer gestürzt sind, berichtete ein Funktionär des griechischen Konsulats in Bari. “Unter den Opfern könnten sich weitere Griechen befinden”, sagte der Funktionär. Der Tod eines 62-jährigen Griechen wurde bereits am Sonntag bestätigt.

Brand auf Fähre: Hilfseinsatz schwierig

Zwei Leichen wurden indes in die süditalienische Hafenstadt Brindisi überführt. Sie konnten noch nicht identifiziert werden. 60 griechische Passagiere, die nach ihrer Rettung nach Bari gebracht wurden, sollten am Montagnachmittag in ihre Heimat zurückfliegen.

Der Hilfseinsatz sei wegen der Wetterlage besonders schwierig gewesen. “Die Rettungseinheiten haben sich mit größten Problemen auseinandersetzen müssen”, berichtete der Sprecher der italienischen Marine, Mario Maccaroni.

Einvernahmen der “Norman Atlantic”-Besatzung

Die italienischen Justizbehörden, die zu dem Unglück ermitteln, haben inzwischen zwei Besatzungsmitglieder der “Norman Atlantic” vernommen, die in ein Krankenhaus nahe der Stadt Lecce eingeliefert wurden. Befragt wurden ein Italiener und ein Grieche, die an Bord des Schiffes Dienst geleistet hatten.

Passagiere berichten von der Fähre

Die griechische Passagierin, Teodora Douili, deren Ehemann nach dem Brand auf der Autofähre ums Leben gekommen ist, hat über die dramatische Stunden vor dem Tod des 62-Jährigen berichtet. “Wir waren über vier Stunden lang im Wasser. Mein Mann sagte mir: ‘Wir sterben, wir sterben!’. Ich habe nichts für ihn tun können”, erzählte die gerettete Frau. “Nachdem uns ein Mitglied der Rettungskräfte in Sicherheit gebracht hat, ist mein Mann in seinen Armen gestorben.”

Ein anderer Passagiere erzählte vom Chaos an Bord: “Man hat uns keine Anweisung gegeben. Es gab nur einen einzigen Notausgang auf Deck 6 in Richtung Bug. Es herrschte dort absolute Panik wegen des Gedränges. Es gab keinerlei Koordination, niemand hat die Leute beruhigt”, sagte Rania Fyreou laut dpa im griechischen Fernsehen. “Das größte Rettungsboot für 150 Menschen war mit nur 60 Leuten besetzt. Das Personal war praktisch nicht vorhanden.”

Verletzte bei der Rettungsaktion

Fünf Militärs der italienischen Marine wurden bei der Rettungsaktion verletzt. Vier von ihnen mussten wegen Rauchgasvergiftungen behandelt werden. Ein weiterer Armeeangehöriger brach sich bei der Rettungsaktion ein Bein. Der Hilfseinsatz sei wegen der Wetterlage besonders schwierig gewesen. “Die Rettungseinheiten haben sich mit größten Problemen auseinandersetzen müssen”, berichtete der Sprecher der italienischen Marine, Mario Maccaroni.

Ermittlungen wegen fahrlässigen Schiffbruchs

Die Staatsanwaltschaften in Bari und Brindisi leiteten Ermittlungen wegen fahrlässigen Schiffbruchs und fahrlässiger Tötung ein. Der Schiffseigner, die italienische Reederei Visentini, bestritt indes Mängel an Bord der “Norman Atlantic”. Das Schiff sei am 19. Dezember im griechischen Hafen Patras Kontrollen unterzogen worden. Laut griechischen Medien waren Sicherheitsmängel aufgetaucht. Die Behörden sollen der Reederei zwei Monate Zeit gegeben haben, diese zu beheben.

Die griechische Gesellschaft ANEK, die die Unglücksfähre gechartert hatte, hat inzwischen wieder die Verbindungen auf der Linie Igoumenitsa-Ancona aufgenommen. Die Fähre “Hellenic Spirit” ersetzt die “Norman Atlantic” und wird am Dienstag im Hafen von Ancona in Italien eintreffen.

Vorarlberger auf Marineschiff gebracht

Von den fünf Österreichern, die auf der “Norman Atlantic” waren, wurden vier bis Montagnachmittag in Sicherheit gebracht. Ein Vorarlberger, der an Bord der in Brand geratenen griechischen Mittelmeer-Fähre “Norman Atlantic” war, ist nun auch in Sicherheit. Der Mann wurde von dem italienischen Marineschiff “San Giorgio” aufgenommen, sagte Martin Weiss, der Sprecher des österreichischen Außenministeriums am Montagnachmittag.

Die Mutter des Vorarlbergers war bereits zuvor stark unterkühlt geborgen worden. Sie wurde in ein Krankenhaus in Süditalien gebracht, der behandelnde Arzt beschrieb ihren Zustand als stabil. Auch der erwachsene Sohn der Vorarlbergerin wurde am Montag geborgen und von dem italienischen Marineschiff “San Giorgio” aufgenommen. Er dürfte damit laut Ministeriumssprecher Martin Weiss ebenfalls nach Italien gebracht werden.

Kein Kontakt zu Salzburger

Nach wie vor keinen Kontakt gab es zu einem Salzburger, der für die Griechenlandhilfe unterwegs war und sich am Sonntag noch von Bord des brennenden Schiffes gemeldet hatte.

Zu dem Salzburger hatte das Außenministerium noch keinen direkten Kontakt. Der Mann hatte für die Griechenlandhilfe einen Hilfstransport für griechische Spitäler durchgeführt. Auch Andreas Kleespies von der Griechenlandhilfe Schweiz kann seinen Kollegen seit Sonntag um 10.00 Uhr nicht mehr erreichen. “Er hat aber später, und zwar zu Mittag, noch einmal mit seinem Sohn telefoniert”, sagte Kleespies. Am Sonntag waren zwei Tiroler unverletzt in Sicherheit gebracht worden. Insgesamt standen sechs Österreicher auf der Passagierliste, der dort angeführte Salzburger war aber entgegen der Angaben alleine unterwegs.

Bei dem Unglück nahe der griechischen Insel Korfu kamen nach jüngsten Angaben sieben Menschen ums Leben. Rund 70 Menschen wurden in Krankenhäusern behandelt.

Erinnerung an die Costa Concordia

In Italien wecken die Schilderungen schmerzhafte Erinnerungen an die Havarie der “Costa Concordia” im Jänner vor drei Jahren. Damals fuhr der Kreuzer mit mehr als 4.200 Menschen auf einen Felsen vor der Insel Giglio, 32 Menschen starben. Gegen den Kapitän Francesco Schettino läuft ein Prozess.

(apa/red)

 

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