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#bpw16 Van der Bellen geht aufs Ganze

Alexander Van der Bellen steht unter Zugzwang.
Alexander Van der Bellen steht unter Zugzwang. ©APA/Roland Schlager
Gastkommentar von Johannes Huber. Der grüne Präsidentschaftskandidat versucht mit Trump vor Norbert Hofer zu warnen. Das kann auch nach hinten losgehen.

Sieht Alexander Van der Bellen nicht, worauf der Wahlsieg von Donald Trump zurückzuführen ist? Unter anderem nämlich auf den wachsenden Unmut über Parteien und Politiker. Sie werden dafür verantwortlich gemacht, dass die Zeiten so turbulent geworden sind. Dass man sich weder seiner Arbeit sicher sein kann, noch sonst eine Gewissheit hat, dass die Lebensverhältnisse zumindest nicht schlechter werden. Ja, davon hat Trump profitiert: Sein Job bestand lediglich darin, Öl ins Feuer zu gießen, Hillary Clinton als Verbrecherin darzustellen und darauf zu hoffen, dass sich möglichst viele Funktionäre auch aus den Reihen “seiner” Republikaner von ihm distanzieren; das unterstrich nur, dass er wirklich nicht dazugehört zum verachteten “Establishment”.

Van der Bellen wird das natürlich sehen. Umso mehr unterstreicht es aber, dass er drei Wochen vor der Bundespräsidenten-Stichwahl gezwungen ist, alles zu riskieren: Hatte er seinen Gegenkandidaten, den stellvertretenden FPÖ-Bundesobmann Norbert Gerwald Hofer zunächst schon mit Trump verglichen, so versuchte er zuletzt auf einer Pressekonferenz auch noch, aufgrund der überraschenden Kür des Amerikaners zum 45. Präsidenten seines Landes vor einem Wahlsieg Hofers zu warnen: Österreich dürfe nicht “das erste westeuropäische Land werden, in dem die Rechtspopulisten die Macht übernehmen”, ließ er wissen.

Das kann sehr gut nach hinten losgehen: Die Zahl der Frauen und Männer, die Assoziationen mit Trump nicht anwidern, sondern viel eher befriedigen, sollte nicht unterschätzt werden; und wenn sie dann auch noch daran erinnert werden, dass sie mit Hofer – und irgendwann einmal Heinz-Christian Strache – selbst einen solchen haben könnten, dann verstehen sie das letzten Endes gar als Wahlempfehlung.

Wie es um das Meinungsklima hierzulande bestellt ist, hat Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) unlängst in einem “Zeit”-Gespräch sehr gut auf den Punkt gebracht: Viele wollten “das System und die Eliten” einfach nur auf den Knien sehen. Stimmen für die Freiheitlichen oder nun eben Hofer bieten ihnen die Möglichkeit, eine Beitrag dazu zu leisten. Und diese nützen sie. “Warnungen” sind bei ihnen daher ganz und gar wirkungslos.

Vor diesem Hintergrund können die jüngsten Aussagen des grünen Präsidentschaftskandidaten nur so verstanden werden, dass er versucht, all jene zu mobilisieren, die nicht von dem „die Politik gehört abgestraft und verachtet“-Virus befallen sind: Sie sollen dazu gebracht werden, unbedingt Van der Bellen wählen zu gehen. Wer weiß allerdings, ob sie noch in der Mehrheit sind? Hohe Wetten sollte man darauf nicht abschließen. Im Mai brachten sie gerade einmal 50,3 Prozent zusammen.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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