Wie verschiedene Biersorten auf
der Zunge ihren attraktiven Bittergeschmack entfalten, entschlüsselten
nun erstmals deutsche Wissenschaftler. Sie untersuchten im Labor, wie
Rezeptormoleküle des Menschen auf 15 verschiedene Bitterstoffe des
Hopfens und deren Kombinationen zusammenspielen. Daneben erhoben sie auch
deren Geschmack durch geschulte Testpersonen. Drei Rezeptoren konnten so
auf der Zunge identifiziert werden, die den Bittergeschmack des Bieres
ans Gehirn melden und somit für den Genusseffekt sorgen. Sichtbar wurde
auch, dass Speichel- oder Schleimhautproteine im Mund die Bitterkeit
senken.
Drei spezielle Bier-Geschmacksrezeptoren
25 verschiedene Rezeptormoleküle sorgen auf der menschlichen Zunge dafür,
dass bittere Substanzen empfunden werden. Um deren Sensor-Funktion näher
zu bestimmen, züchteten die Forscher im Reagenzglas diese Moleküle, wofür
Nierenzellen als Trägermedium dienten. Diesen Sensoren wurden nun einzeln
sowie auch kombiniert Bitterstoffe des Biers zugeführt, die während des
Brauvorgangs aus Hopfen und Würzstoffen entstehen. Drei der 25
Rezeptoren, die die Bezeichnung hTAS2R1, hTAS2R14 und hTAS2R40 tragen,
reagierten auf die Bitterstoffe. Nur diese werden selektiv beim
Biertrinken aktiviert, die anderen Bitterrezeptoren bleiben unberührt,
schließen die Forscher um den Lebensmittelchemiker Thomas Hofmann von der
Technischen Universität München.
Noch ein Stück weiter gingen die Forscher, indem sie die Vorgänge während
des Biertrinkens untersuchten. Geschulte Testpersonen unterzogen sich
dabei einem Geschmackstest, indem sie die Bitterstoffe des Biers einzeln
verkosteten und nach der Konzentration bewerteten. Dabei stellte sich
heraus, dass die Zungen der Geschmackstester weniger empfindlich auf
Bitterstoffe reagierten als die gezüchteten Sensorzellen im Reagenzglas.
“Die Proteine im Speichel oder der Mundschleimhaut treten in
Wechselwirkung mit den eingenommenen Substanzen. Sie senken die
Konzentration, die den Rezeptoren zur Verfügung steht, und damit auch die
Bitterkeit. Daher üben sie einen wichtigen Einfluss auf den Geschmack
aus”, erklärt Studien-Mitautor Wolfgang Meyerhof, Geschmacksforscher am
Deutschen Institut für Ernährungsforschung.
Endgültig: Über Geschmack lässt sich nicht streiten
Nicht die Bitterkeit der Inhaltsstoffe alleine, sondern auch die Beinoten
seien für das Geschmacksempfinden bedeutend. Daneben hätten auch die Gene
einen gewissen Einfluss auf das Geschmacksempfinden. “Menschen besitzen
unterschiedliche genetische Geschmacksausstattungen, was zu individuellen
Wahrnehmungsunterschieden in der Bevölkerung führt. Sichtbar wird dies in
der Ausprägung von Abneigungen oder Vorlieben gegenüber bestimmten
Lebensmitteln und Getränken”, so Meyerhof.
Während Bitterstoffe bei Bier, Kaffee oder etwa auch Bitterschokolade
notwendige Geschmacksmerkmale sind, werden sie bei anderen Produkten oft
als störend empfunden. Die Nahrungsmittel- und Pharmaindustrie könnte
davon profitieren, wenn der Bittergeschmack durch das Wissen um die
Rezeptoren zukünftig selektiv blockiert werden kann. “Das könnte den
Konsum von gesundheitsförderlichen Produkten erhöhen, die Bitterstoffe
enthalten und daher gemieden werden”, so Meyerhof.
Wahrnehmung der Note “bitter” natürlicher Gift-Schutz
Dagegen spreche zwar,
dass die Wahrnehmung von Bitterkeit ein natürlicher, im Laufe der
Evolution entstandener Schutz vor Giftsubstanzen sei. “Daher bliebe der
Einsatz solcher Bitterblocker nur Fällen vorbehalten, bei denen dies
sinnvoll und unbedenklich ist.
Quelle: pte