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Bevor der Winter kommt - Kritik und Trailer zum Film

Wie schon 2008 bei seinem Kino-Debüt "So viele Jahre liebe ich Dich" setzt der französische Schriftsteller Philippe Claudel ("Die grauen Seelen") auch im dritten von ihm inszenierten Spielfilm "Bevor der Winter kommt" auf eine tiefgründige Auseinandersetzung mit Grundsatzfragen des Lebens und auf exzellente Schauspielkunst.

Paul (Daniel Auteuil), der erfolgreiche Neurochirurg, und seine Frau Lucie (Kristin Scott Thomas), die Haus und Garten in Schuss hält, haben sich ein wenig auseinandergelebt. Doch sie pflegen das Glück, einander zu haben, in ruhiger Harmonie. Die wird plötzlich bedroht, als eine junge Frau dem Mann nachstellt, der ihr Vater sein könnte. Ab Donnerstag ist “Bevor der Winter kommt” im Kino.

Kurzinhalt des Films

Bildet Paul sich das nur ein und nimmt die Fremde als Vorwand, um sich aus dem gemeinsamen Leben mit Lucie zu stehlen? Zunächst ist es diese Frage, die für Spannung sorgt. Es sieht so aus, als beginne damit eine jener düsteren Geschichten aus dem bürgerlichen Leben, wie sie Frankreichs Regielegende Claude Chabrol (1930-2010) in Meisterwerken wie “Die Unschuldigen mit den schmutzigen Händen” (1975) mehrfach erzählt hat. Doch der mit dem Roman “Die grauen Seelen” weltberühmt gewordene französische Schriftsteller Philippe Claudel verlässt im dritten von ihm inszenierten Spielfilm sehr schnell die Krimipfade. Statt Thrillerschocks auszubreiten, beleuchtet er mit erschreckender Stille die Untiefen des menschlichen Seins.

Der Thrill dabei ist enorm. Denn die Psychogramme der drei Hauptfiguren entfalten mit Fortschreiten der Handlung mehr und mehr düstere Momente. Obwohl in der Story eher eine Nebenfigur, wird Lucie dabei zur Hauptperson für das Publikum. Das nicht nur, weil sie, für Zuschauerinnen und für Zuschauer (!), die größte Möglichkeit der Identifikation anbietet. Lucie rückt auch deshalb ins Zentrum der Aufmerksamkeit, weil Kristin Scott Thomas (“Der englische Patient”) der von ihr verkörperten Figur mit einer ungemein farbenreichen Interpretation eine fast schon schmerzliche Intensität verleiht.

Die Schauspielerin hatte schon Philippe Claudels erfolgreiches Regie-Debüt “So viele Jahre liebe ich Dich” (2008) entscheidend geprägt. Es verwundert nicht, dass Claudel unbedingt wieder mit ihr arbeiten wollte und ihr die Rolle der Lucie auf den Leib geschrieben hat. Kristin Scott Thomas erweist sich auch dieses Mal als Meisterin der leisen Töne und verhaltenen Gesten. Sie ist eine Frau, die mit nichts als einem Lächeln oder einem Wimpernschlag alle Höhen und Tiefen des Lebens zu spiegeln vermag. Absolut faszinierend!

Kritk zu “Bevor der Winter kommt”

Je mehr die Handlung fortschreitet, umso intensiver wird die Auseinandersetzung mit einem Problem, das wohl viele Paare kennen: Mit der Unmöglichkeit, die Kraft einer jungen Liebe über Jahre und Jahrzehnte zu bewahren. Daraus resultiert die Aufgabe, das Miteinander durch Anderes als durch die Lust der ersten Begierde zu halten und zu stärken. Wie der Film davon erzählt, das macht ihn zum bewegenden und nebenbei höchst lehrreichen Drama für alle Filmfreunde jenseits des Teenie-Alters.

Junge Filmbesucher begreifen durch den von der feinsinnigen Erzählung entfesselten Sturm der Gefühle vielleicht mehr vom Leben als durch jede Belehrung der Eltern. Selten nämlich gelingt im Kino derart überzeugend und mitreißend die Quadratur des Kreises der schlichten Liebe auf Dauer, jener Liebe, nach der sich alle sehnen, und die doch so selten ist wie ein Sechser im Lotto.

Trailer zum Film

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