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Atomic Blonde - Trailer und Kritik zum Film

Es gibt diese eine Szene in "Atomic Blonde", für die allein ein Kinobesuch wert ist. Über mehrere Minuten erstreckt sich die Kampfsequenz, in der Charlize Theron als eiskalte Agentin einen KGB-Schergen nach dem anderen mal mit Fäusten, mal mit Waffen ausschaltet - und das scheinbar ohne Schnitt. Nun startet der an atemberaubenden Stunts reiche, aber an Inhalt arme Actionthriller im Kino.

Angesiedelt ist “Atomic Blonde” – wie auch die zugrunde liegende Graphic Novel “The Coldest City” von Anthony Johnston – im Jahr 1989, gegen Ende des Kalten Krieges. Wenige Tage vor dem Fall der Berliner Mauer wird Lorraine Broughton (Theron), Agentin des britischen Geheimdiensts MI6, nach Westberlin entsandt. Ein Undercover-Agent wurde von einem brutalen Spionagering getötet, seine Liste mit sämtlichen Namen und Aufenthaltsorten westlicher Agenten gestohlen. Lorraine soll herausfinden, was hinter dem Mord steckt, und die Liste wiederbeschaffen.

Atomic Blonde – Die Handlung

In Westberlin angekommen, muss sie sich mit dem dort stationierten Agenten David Percival (James McAvoy) zusammentun. Der führt sie zwar zu einem Stasioffizier (Eddie Marsan), der die kostbare Liste auswendig gelernt hat, scheint aber sein eigenes Süppchen zu kochen – so wie derzeit alle Spione in Berlin, weil sich das Machtgefüge der verfeindeten Supermächte gerade verschiebt. “Ihr habt mich in ein Hornissennest gesetzt”, wird Lorraine ihren Vorgesetzten später vorwerfen. Denn da wären noch die französische Agentin Delphine (Sofia Boutella), die sich Lorraine immer mehr nähert, und ein vermeintlicher Doppelagent namens Satchel, der durch die Liste enttarnt werden kann.

Atomic Blonde – Die Kritik

David Leitch ist ein Meister seines Fachs. Seit Mitte der 90er-Jahre im Stuntbereich Hollywoods tätig, gab der US-Amerikaner 2014 mit dem Rachethriller “John Wick” (gemeinsam mit Co-Regisseur Chad Stehaleski) sein äußerst erfolgreiches Regiedebüt. Sein Zweitling “Atomic Blonde” strotzt nur so vor raffiniert choreografierten, ultrabrutalen Kämpfen, Verfolgungsjagden und Schusswechseln. Bei der bereits erwähnten, herausragenden Actionszene ist Kameramann Jonathan Sela bei Lorraines Tour de Force vom Lift über das Stiegenhaus bis in einzelne Zimmer, auf die Straße und im Auto so nahe dran, dass man sich am Ende selbst durchgebeutelt fühlt. Inszeniert wird das alles in Neonästhetik zu einem pulsierenden 80er-Jahre-Soundtrack, bei dem neben Nena auch David Bowie, Queen oder ein Falco-Remix erklingen.

Bei der Geschichte aber lässt Leitch aus. Der Handlung fehlt es an einem emotionalen Kern, der stoischen, undurchschaubaren Lorraine an jedweden menschlichen Zuschreibungen. Weil de facto nichts am Spiel steht und die Handlung immer konfuser wird, gerät “Atomic Blonde” früh ins Stocken. Gegner – etwa der komplett sinnlose, von Til Schweiger verkörperte Uhrmacher – werden eingeworfen und nicht wieder aufgegriffen, Beziehungen gar nicht erst aufgebaut. Einzig die Rahmenhandlung – das angespannte Debriefing Lorraines durch MI6-Chef Gray (Toby Jones) und CIA-Boss Kurzfeld (John Goodman) – scheint schlüssig, und lässt von Beginn an vermuten, dass die Berlin-Mission nicht wie geplant verlaufen ist.

Freilich: Oscarpreisträgerin Charlize Theron, das hat sie schon als tragende Kraft im Endzeitspektakel “Mad Max: Fury Road” gezeigt, ist eine veritable Actionheldin, und als solche in einem männerdominierten Genre dringend notwendig. 98 Prozent der Stunts hat sie laut Stuntkoordinator Sam Hargrave selbst ausgeführt; Drehbuchautor Kurt Johnstad gibt gar an, Theron den Film auf den Leib geschrieben zu haben und diesem zwei weitere folgen lassen zu wollen. Umso mehr wünscht man sich, ihre Darstellung wäre nicht darauf reduziert, beim Vermöbeln böser Typen verdammt gut auszusehen. Auch der hoch sexualisierte, brutale Mord an einer lesbischen Figur zeigt: Da liegt in punkto akkurater Repräsentation von Frauen in diesem Genre noch einiges im Argen.

>> Alle Filmstartzeiten zu “Atomic Blonde”

(APA)

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