Am Sonntagabend richteten sich (gefühlt, oder zumindest so inszeniert) die Augen aller Musikschaffenden des Landes auf das Wiener Volkstheater, wo die alljährliche Verleihung der Amadeus Austrian Music Awards über die Bühne ging.
Zum bereits 15. Mal feierte sich Österreichs Musikbranche mit den Awards selbst, in insgesamt 16 Kategorien wurden die Trophäen verliehen.
Conchita Wurst räumte ab
Große Abräumerin des Abends war klar (und wenig überraschend) ESC-Vorjahresgewinnerin Conchita Wurst, die gleich drei Awards verliehen bekam.
Nahm sie die Trophäen als Künstlerin des Jahres und für das Video des Jahres (“Heroes”) noch relativ gefasst entgegen, stiegen ihr bei der Entgegennahme des Preises für den Song des Jahres (“Rise Like a Phoenix”) deutlich die Tränen in die Augen: „Danke, dass ich einen Traum leben darf. Sie können sich nicht vorstellen, was mir das bedeutet.“ Das gesamte Volkstheater ehrte sie bei ihrer Dankesrede mit Standing Ovations.
Gedenken an Udo Jürgens
Als Live-Acts auf der Bühne des Wiener Volkstheaters lieferte unter anderem Stargast Herbert Grönemeyer gleich zum Auftakt mit “Wohin geht die Liebe“ einen bewegenden Tribut an den verstorbenen Musiker und Entertainer Udo Jürgens.
Sehr berührend fiel später auch die Dankesrede von John Jürgens aus, der gemeinsam mit Manager Freddy Burger anstelle seines Vaters den Amadeus Award für den „Künstler des Jahres“ entgegennahm. „Der Papa hat immer gewusst, wie schwer es ist, im Musikgeschäft Erfolg zu haben, für ihn selbst kam der Durchbruch erst, nachdem er schon über 30 war – er würde jetzt sicher sagen: ‚ Respekt den Nominierten und Gratulation den Gewinnern‘“.
Der Preis für das Lebenswerk erhielt heuer Arik Brauer, der dem verstorben Jazzkomponisten Johannes Fehring seines Dankesworte widmete – und kritisch bemerkte, dass “Preise zu bekommen in Österreich offenbar eine Frage des Alters“ sei.
Kaum Überraschungen bei den Amadeus Awards
In der Kategorie „Hard & Heavy“ ging der Award an die Band Bloodsucking Zombies From Outer Space. „Wir sind eine der wenigen Bands heute, die aus einer Subkultur stammen und für die Rock noch eine Lebenseinstellung ist, und kein wirtschaftlicher Faktor in der Popularmusik,“ bemerkte Dead Gein bei seinen Dankesworten nüchtern.
“Mountain Man” Andreas Gabalier, der selbst ernannte „Steirerbua, der derzeit viel im Ausland unterwegs ist“, holte bei seiner Rede für den Preis als „Live-Acts des Jahres“ wiederum zum Rundumschlag der gegen die „Intoleranz“ von FM4 aus, und erntete einige empörte Pfiffe für einen Seitenhieb gegen Conchita Wurst.
Rapper Nazar, der in der Kategorie HipHop/Urban ausgezeichnet wurde, nahm sich wie gewohnt kein Blatt vor dem Mund, als er in seiner Dankesrede anmerkte: “In der österreichischen Politik, da sind ein paar kleine H***nkinder dabei” – eine Anknüpfung an seine andauernde (mediale) Fehde mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache.
Wirklich große Überraschungen gab es an diesem Abend bei den Award-Siegern nur wenige, die meisten Preise gingen an kommerziell bekannte „alte Hasen“ im Business. Während Wanda als Vertreter der aktuell gehypten jungen Indie-Pop-Szene (auch als „Neue Wiener Schule“ oder “Neue österreichischen Pop-Welle“ bekannt) sowohl den FM4-Award als auch den Award in der Kategorie „Alternative Pop/Rock” entgegennahmen („Danke und Bussi!“), gingen die Kollegen von Bilderbuch heuer leer aus. Die begehrte Trophäe als „Band des Jahres“ nahmen Tagtraeumer entgegen, während „Amadeus-Veteran“ Julian Le Play für „Melodram“ den Award „Album des Jahres“ absahnte.
Die (einzigen) Ausreißer des Abends waren wohl Thorsteinn Einarsson, Lukas Hillebrand, Noa Ben-Gur und Alex Pohn, die für das Lied “Leya” den Preis als “Songwriter des Jahres” erhielten.
Österreich und seine Musik
Neben all den zufriedenen Schulterklopfern wurden beim Amadeus heuer immerhin auch ein paar bewusste Momente zur Kritik genutzt – auch wenn vieles dabei schon altbekannt klang (die Klage über den Schaden durch illegale Downloads kannte man ebenso bereits aus dem Vorjahr wie die Forderung nach einem höheren Frauenanteil im Business – der der Amadeus selbst heuer auch nicht wirklich gerecht geworden ist).
Moderatoren- Schmähtandler Manuel Rubey fasste schließlich die viel diskutierte “Quotenfrage” zusammen, als er auf den Prozentsatz österreichischer Künstler im Programm der heimischen Radios aufmerksam machte: „Radio Wien: acht Prozent, Ö3: zehn Prozent, FM4: zwanzig Prozent und Fernsehen: Russkaja“.
Will heißen: Das Land, das die größten Schwierigkeiten hat, das Potenzial österreichischer Musikschaffender anzuerkennen, ist vielleicht noch immer Österreich selbst.
Amadeus Awards 2015: Die Gewinner
Band des Jahres: Tagtraeumer
Künstler des Jahres: Udo Jürgens
Künstlerin des Jahres: Conchita Wurst
Album des Jahres: “Melodrom” von Julian Le Play
Song des Jahres: “Rise Like a Phoenix” von Conchita Wurst
Live-Act des Jahres: Andreas Gabalier
Video des Jahres: “Heroes” von Conchita Wurst
Songwriter des Jahres: Thorsteinn Einarsson, Lukas Hillebrand, Noa Ben-Gur & Alex Pohn für “Leya” (Thorsteinn Einarsson)
Alternative Pop/Rock: Wanda
Electronic/Dance: Parov Stelar
Hard & Heavy: Bloodsucking Zombies From Outer Space
HipHop/Urban: Nazar
Jazz/World/Blues: 5/8erl in Ehr’n
FM4-Award: Wanda
Lebenswerk: Arik Brauer
Best Engineered Album: Nikodem Milewski, Krystian Koenig und Mischa Janisch für “Netzwerk” (Klangkarussell)
Bilder:APA