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AK-Umfrage: Überstunden sind ungesund und senken die Zufriedenheit

Zwei von drei Personen müssen schon Überstunden machen. / Symbolbild
Zwei von drei Personen müssen schon Überstunden machen. / Symbolbild ©BilderBox.com, Erwin Wodicka
Die von der Regierung geplante Erweiterung der maximal erlaubten Arbeitszeit auf 12 Stunden pro Tag ist immer noch ein großes Thema. Laut AK-Umfrage müssen schon jetzt zwei von drei Betroffenen Überstunden leisten, was nicht nur die Unzufriedenheit steigen lässt, sondern auch ungesund für Geist und Körper ist.
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“Freiwilligkeit”

Die ÖVP-FPÖ-Regierung sieht durch die geplante neue Arbeitszeitregelung mehr Entscheidungsfreiheit für Arbeitnehmer. “Es bleibt bei diesen 8 Stunden, lediglich die Flexibilität wird erhöht”, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Rande einer Standortkonferenz in Wien vor Journalisten. Im Arbeitszeitgesetz soll eine Freiwilligkeit verankert werden, die 11. und 12. Stunde zu arbeiten oder diese Überstunden auch abzulehnen. “Der Arbeitnehmer hat die Möglichkeit zu entscheiden, ob er das machen will oder nicht”, so Kurz. Es sei nun “ganz entscheidend”, dass in der Diskussion rund um Arbeitszeitflexibilisierung “alle Beteiligten möglichst sachlich auftreten”.

Auch Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) verwies darauf, dass Arbeitnehmer künftig mehr Möglichkeiten erhalten, die Arbeitszeit einzuteilen. “Der 8-Stunden-Tag ist die gesetzlich gesicherte Normalität. Es kommt kein 12-Stunden-Tag. Es kommt eine Flexibilisierung.” Es werde niemand gezwungen, viele Arbeitnehmer würden sich über den zusätzlichen zeitlichen Spielraum freuen, so Strache. In seinem früheren Job als Zahntechniker wäre er froh gewesen, Aufträge schneller abarbeiten zu können, um dann mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. Auf weitere Details des Gesetzesvorhabens gingen Kurz und Strache nicht ein.

Die SPÖ hatte vergangenen Freitag die Regierung aufgefordert, ihre Gesetzesvorlage zur Arbeitszeitflexibilisierung zurückzuziehen und eine neue Arbeitszeitregelung mit den Sozialpartnern zu verhandeln. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher kündigte “massiven Widerstand” gegen die von der Regierung eingebrachte Vorlage an, die künftig 12-Stunden-Tage leichter ermöglichen soll.

Zwei von drei machen Überstunden

Mehr als zwei Drittel der heimischen Beschäftigten haben im Zeitraum November 2016 bis Februar 2018 Überstunden machen müssen, ergab eine Sora-Umfrage für die AK Oberösterreich unter 7.200 Personen. Das ist ungesund, sagt die Arbeiterkammer. Je länger die Menschen arbeiten, desto eher sind sie erschöpft und mit ihrem Leben unzufrieden. 2017 wurde fast ein Fünftel der Überstunden nicht bezahlt.

17 Prozent mussten im Erhebungszeitraum häufig Überstunden machen, 52 Prozent gelegentlich. Für 2017 kam auch die Statistik Austria zu einem ähnlichen Ergebnis: Demnach leisteten im Vorjahr mehr als 18 Prozent der Arbeitnehmer häufig Über- oder Mehrarbeitsstunden.

Die, die besonders viel arbeiten, finden das laut Sora gar nicht prickelnd. Von denen, die bei einer durchschnittlichen Wochenzeit von mehr als 40 Stunden häufig Überstunden leisten müssen, sagten 42 Prozent, dass sie Arbeit und Privatleben schlecht vereinbaren können. Die Hälfte dieser Gruppe ist mit der Arbeitszeit unzufrieden. Von denen, die wöchentlich weniger als 40 Stunden arbeiten, ist es “nur” etwas mehr als ein Fünftel. Besonders unzufrieden mit langen Arbeitszeiten sind Frauen mit Kindern bis 15 Jahren.

Überstunden: Weniger Zeit für Familie

Auch haben die häufigen Überstundenschieber einen größeren Zeitdruck, können nach der Arbeit schwerer abschalten und fühlen sich körperlich weniger leistungsfähig. Mehr als die Hälfte derer, die 60 Wochenstunden oder mehr arbeiten, fühlt sich physisch erschöpft. Von denen, die zwischen 48 und 59 Wochenstunden arbeiten, sind es fast 50 Prozent, von denen mit einer Wochenarbeitszeit von 35 bis 47 Stunden mehr als ein Drittel.

Die Lebenszufriedenheit sinkt mit der Arbeitszeit. Fast neun von zehn, die weniger als 40 Wochenstunden arbeiten, sind mit ihrem Leben zufrieden. Bei einer Wochenarbeitszeit von 40 bis 50 Stunden sinkt dieser Anteil auf 83 Prozent, bei 50 oder mehr Wochenstunden auf 77 Prozent. Auch die Zufriedenheit mit der beruflichen Tätigkeit nimmt mit den Stunden ab.

Mehr als drei Viertel derer, die mehr als 40 Stunden pro Woche arbeiten, wollen ihre Arbeitszeit reduzieren, am häufigsten Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialbereich.

Von den rund 250 Mio. Über- und Mehrstunden, die die Österreicher 2017 leisten mussten, wurden laut AK-Angaben vom Montag 18,1 Prozent nicht abgegolten, weder in Geld noch in Form von Zeitausgleich. Damit sei den Arbeitnehmern in einem Jahr rund 1 Mrd. Euro vorenthalten worden – pro Kopf seien das im Schnitt rund 9.800 Euro. Die von der ÖVP/FPÖ-Regierung forcierte Arbeitszeitverlängerung lehnt die AK ab, wie sie erneut deponierte.

Wirtschaftskammer zweifelt an AK-Umfrage

Die Wirtschaftskammer bezweifelt “die Behauptungen der AK OÖ zur (Nicht-)Bezahlung von Überstunden”. Denn die WKÖ sei in einer von ihr vor vier Tagen veröffentlichten Umfrage zu ganz anderen Ergebnissen gekommen. “83 Prozent aller Befragten sagen, dass Überstunden in ihrem Unternehmen immer korrekt abgerechnet werden”, sagte Rolf Gleißner, stellvertretender Leiter der Abteilung für Sozial- und Gesundheitspolitik in der Wirtschaftskammer.

Auch störe es die meisten Arbeitnehmer nicht, Überstunden zu machen. Laut der von Market durchgeführten Umfrage für die Wirtschaftskammer sagen 59 Prozent, dass sie es begrüßen, Überstunden machen zu können. 85 Prozent der 1.200 Befragten seien mit dem Ausmaß ihrer Arbeitszeit zufrieden und 73 Prozent wiederum seien zufrieden, wie das Thema Arbeitszeit bei ihnen im Unternehmen geregelt wird. 19 Prozent sagen laut WKÖ sogar, das Arbeiten von mehr als zehn Stunden habe einen positiven Einfluss auf das Familienleben.

APA/red

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