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Salzburg 2016: Der große Raubzug an den Schätzen des Erzstifts

gefußte Trinkschale aus Steinbockhorn mit silbervergoldeten Henkeln und Steinbock (2. Hälfte 17. Jh.). Die Kunstschätze des Salzburger Erzstifts wurden mit dessen Ende im Jahr 1803 von den wechselnden Herrschern geplündert und in Europa verstreut.
gefußte Trinkschale aus Steinbockhorn mit silbervergoldeten Henkeln und Steinbock (2. Hälfte 17. Jh.). Die Kunstschätze des Salzburger Erzstifts wurden mit dessen Ende im Jahr 1803 von den wechselnden Herrschern geplündert und in Europa verstreut. ©APA/PRIVATBESITZ/SALZBURG MUSEUM/POSCHACHER
Bevor Salzburg vor 200 Jahren zu Österreich kam, gehörte es zu den reichsten Ländern Europas. Der über Salz- und Goldabbau, Handel und Steuern finanzierte Prunk in den Salzburger Residenzen, Kirchen und Stiften war fast unvorstellbar. Ein Schatz, der mit dem Ende des Salzburger Erzstifts 1803 von den wechselnden Herrschern geplündert und in Europa verstreut wurde.

Da gab es große Bibliotheken mit wertvollen Handschriften, prunkvolle Möbel, kostbare Teppiche, Gemälde, Antiquitäten, repräsentatives Geschirr und reich geschmückte Kirchen. “Das, was die Berge an Salz und Edelsteinen hergegeben hatten, war die Basis für den Salzburger Reichtum”, erklärt Peter Husty, Kurator der Landesausstellung “Bischof. Kaiser. Jedermann. 200 Jahre Salzburg bei Österreich”, im Gespräch mit der APA. Er hat in europäischen Museen einige jener Kostbarkeiten aufgespürt, die sich einst in Salzburg befanden, um sie in der Landesausstellung zu zeigen.

“Was gut und teuer war, war für Salzburg recht”

“Alles, was gut und teuer war, war für Salzburg recht”, erzählt Husty über den einstigen Salzburger Kunstschatz. Zu den besonderen Stücken, die das Erzstift einst besaß, gehört beispielsweise eine prachtvolle persische Handschrift, die jetzt in der Bayerischen Staatsbibliothek München ist. Sie war während der Türkenbelagerung nach Wien gelangt und gehörte zur Kriegsbeute des kaiserlichen Heers. Als Dank für seine Unterstützung schenkte Kaiser Leopold I. die Handschrift dem Salzburger Erzbischof Max Gandolph. Nach dem Einmarsch der Franzosen kam die Handschrift als Kriegsbeute nach Paris. Als Salzburg dann bayerisch wurde, gelangte das Pergament schließlich nach München. In der Landesausstellung ist die Handschrift erstmals wieder in Salzburg zu sehen.

Der große Raubzug begann 1800

Der Raubzug begann 1800 nach dem Einzug der napoleonischen Truppen und der 1803 erfolgten Abdankung von Fürsterzbischof Hieronymus von Colloredo. Der ehemalige Herrscher ließ große Teile seines Hausstands in sein Palais nach Wien bringen: Goldene und silberne Leuchter, Gold- und Silbergeschirr, vergoldetes Besteck, Schüsseln, Karaffen, Teller, Platten, Salzfässer, Nachtlampen und silbernes Schreibzeug wurden ihm nachgeliefert. “In Salzburg gibt es nur mehr einen originalen Sessel aus der Residenz”, weiß Husty. Alles andere wurde im Lauf der Zeit abtransportiert oder ging verloren. “Es müssen ja viele Betten, Kommoden, Tische, Gemälde und Teppiche in der Residenz gewesen sein”, so der Experte.

Franzosen suchten nach Kunstgegenständen und Handschriften

Die Franzosen schickten Kommissäre aus, die in den Salzburger Bibliotheken und Schatzkammern gezielt nach Kunstgegenständen und Handschriften suchten, die in ihren eigenen Sammlungen fehlten. “Die Franzosen waren vor allen an mittelalterlichen Schriften interessiert”, weiß Husty. Die Auswahl war enorm: Allein die Hofbibliothek umfasste rund 20.000 Bände, dazu kamen die Bibliotheken des Domkapitels, der Universität sowie jene des Erzstiftes St. Peter. Erzbischof Max Gandolf hatte alle Bücher für seine Bibliothek in weißes Leder binden lassen – damit sind sie auch heute noch zuordenbar.

Die Historikerin Friedrike Zaisberger listet in ihrem Aufsatz “Salzburg in napoleonischer Zeit und die Verschleppung seiner Kunstschätze” auf, was im Auftrag eines französischen Kommissärs aus der erzbischöflichen Hofbibliothek abtransportiert wurde: 27 Manuskripte und 33 Inkunabeln. Dazu kamen weitere Dutzende Handschriften aus der Bibliothek des Domkapitels, der Universität und des Stiftes St. Peter. Die wertvollen Werke erhielt alle die Nationalbibliothek in Paris. Der französische General Lecourbe ließ drei Bilder für seine Privatsammlung aus dem Schloss Leopoldskron requirieren, bediente sich aber auch bei den Büchern und Manuskripten in der Hofbibliothek und in St. Peter. Von dort ließ er beispielsweise die erste deutsche Mainzer Bibel und eine lateinische Bibel mitnehmen. In der Residenz interessierten sich die Franzosen vor allem für Gemälde. Sie nahmen Landschafts- und Jagdszenen, unter anderem ein Rubens, mit.

Silberkammer der Residenz besonders interessant

Von großem Wert waren die Kunstgegenstände und Kuriositäten aus der Silberkammer der Residenz. Da gab es Gefäße aus Bergkristall, aus Gold- und Silber, aus Kokosnuss oder aus Nashorn- und Steinbockhorn. In dieser Silberkammer hat sich vor allem Erzherzog Ferdinand von Toskana bedient. Der Bruder des späteren österreichischen Kaisers Franz I. herrschte ab 1803 nur zweieinhalb Jahre in Salzburg, ehe erneut französische und bayerische Truppen einfielen. Ferdinand ließ den Großteil der Silberkammer nach Würzburg und Florenz bringen. So landeten Salzburger Schätze in italienischen Museen. So steht eine Reiseflasche in Gold und Email im Museo delgi Argenti in Florenz. Auf Ferdinands Veranlassung hin verließen 17 Ochsenkarren mit wertvollen Kunstgegenständen Salzburg nach Würzburg. Darunter waren schwere silberne Leuchter, Kelche und Messglocken aus dem Ruperti Oratorium des Doms – sie wurden in Würzburg später eingeschmolzen.

(APA)

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