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42-Jährige bei Demo in Wien verletzt: Polizist wurde freigesprochen

42-Jährige bei Demo verletzt: Glatter Freispruch für Polizisten
42-Jährige bei Demo verletzt: Glatter Freispruch für Polizisten ©APA (Sujet)
Mit einem glatten Freispruch ist am Dienstag, den 15. März im Straflandesgericht in Wien der Prozess gegen einen Polizisten zu Ende gegangen, dem vorgeworfen wurde, am Rande einer Gegendemo gegen einen Aufmarsch der rechten "Identitären" eine 42 Jahre alte Frau schwer verletzt zu haben.
Frau bei Demo verletzt
Polizist vor Gericht

Der Freispruch erfolge “nicht im Zweifel. Ich bin ganz sicher”, so die Richterin. Es fehlten schlüssige Beweise, dass der 31-Jährige am 17. Mai 2014 die Frau an beiden Händen gepackt, hochgehoben, von sich geschleudert bzw. -gestoßen und ihr damit einen Verrenkungsbruch des linken Knöchels zugefügt hatte, weil sich ihr Fuß beim Aufkommen an der Gehsteigkante verhakte. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Staatsanwalt Filip Trebuch gab vorerst keine Erklärung ab.

Polizist soll Frau weggeschleudert haben

Sowohl die Verletzte als auch mehrere Zeugen hatten zuvor im Angeklagten den Täter wiedererkannt. Bereits unmittelbar nach dem Vorfall hatte die 42-Jährige diesen als 30 bis 40 Jahre alt, 1,9 Meter groß und von kräftiger Statur beschrieben – Merkmale, die sich mit dem Äußeren des Angeklagten deckten. Außerdem erwähnte sie, dass auf seinem Helm die Zahl 16 oder 18 zu lesen gewesen sei. Wie sich herausstellte, trug der Angeklagte bei dem Einsatz tatsächlich einen Helm mit der Nummer 18. In der Verhandlung gab die Frau zu Protokoll, sie erkenne im Angeklagten “eindeutig den Beamten, der vor mir war”. Aufgrund seines Zutuns habe sie “den Boden unter den Füßen verloren” und sei “am Gesäß gelandet”.

Zu Beginn des Ermittlungsverfahrens war sich die Frau – ein Mitglied der Kommunistischen Gewerkschaftsinitiative (KOMintern) – beim Identifizieren noch nicht so sicher gewesen. Unter 70 ihr vorgelegten Fotos hatte sie den betreffenden Beamten mit einer Wahrscheinlichkeit von über 50 Prozent ausgemacht. Bei einer späteren persönlichen Gegenüberstellung erkannte sie dann den 31-Jährigen inmitten von insgesamt 15 Polizisten zweifelsfrei wieder. Auch zwei weiteren Zeugen wurden die 15 Beamten gegenübergestellt. Beide identifizierten ebenfalls den 31-Jährigen, nachdem dieser den Helm abnahm.

“Alle diese Zeugen mögen die Polizei nicht”

Für Richterin Baczak hatte dies insofern keine Relevanz, als es “fast auszuschließen ist, dass diese Zeugen sich nicht abgesprochen haben”, wie sie feststellte. Es gibt in dem Akt zumindest Hinweise, dass nicht nur die 42-Jährige Aktivistin bei der KOMintern ist. “Alle diese Zeugen mögen die Polizei nicht. Wenn man die Polizei nicht mag, entsteht eine Wahrnehmungsverzerrung”, sagte Baczak.

Und in Richtung des Polizisten bemerkte sie: “Man musste einen Schuldigen finden, und der sind Sie.” In diesem Kontext verwies Baczak “auf die einzige unabhängige Zeugin”- eine Anrainerin, die vom Balkon ihrer Wohnung aus die Vorgänge auf der Kreuzung Josefstädter Straße-Landesgerichtsstraße beobachtet hatte. Dieser Zeugin zufolge hatte die 42-Jährige mehrfach versucht, eine von der Polizei errichtete Sperrkette zu durchbrechen. Sie sei schließlich weggestoßen worden, wobei diese Zeugin – im Unterschied zu anderen, die dem Gericht von “Vorbeisegeln” der Frau oder einem “Durch-die Luft-Fliegen” berichteten – kein Abheben der Frau wahrnahm.

“Durcheinander von Polizei und Demonstranten”

Der Angeklagte hatte in seiner Einvernahme versichert, er habe die Frau nicht angegriffen und ihr nicht wehgetan. Für ihn war die 42-Jährige keine zufällige Passantin, die – so deren Behauptung – ihrer minderjährigen Tochter Beistand leisten wollte, die “eingekesselt” worden sei, sondern “eine Demonstrationsteilnehmerin. Das merkt man.” Grundsätzlich habe “ein großer Tumult”, “ein Durcheinander von Polizei und Demonstranten” geherrscht, sagte der Beamte: “Es war keine kontrollierte Situation.” In seiner Funktion als Gruppenkommandant habe er den Befehl gehabt, sich mit seinen Kollegen zu einer Absperrkette zu formieren und Demonstranten im Bereich des Cafe Eiles voneinander zu trennen.

Eine “weibliche Person” habe immer wieder versucht, die Kette zu durchbrechen, um zu einem Kundgebungsteilnehmer zu gelangen, der von Kollegen zwecks Identitätsfeststellung beamtshandelt wurde. Als dieser Mann hinter seinem Rücken festgenommen wurde, habe er sich “umgedreht, um zu schauen, ob noch eine Gefahr gegeben ist. Dann hab’ ich mich nach vorne gedreht, und da ist die Dame schon am Boden gelegen”, lautete die Verantwortung des Angeklagten, die nach Ansicht des Gerichts nicht zu widerlegen war. Ausschlaggebend dafür dürften auch die Feststellungen des Gerichtsmediziners Christian Reiter gewesen sein. Er führte den Verrenkungsbruch darauf zurück, dass sich die Frau mit dem linken Fuß an der Gehsteigkante verhakt hatte.

Sachverständige konnte Fremdeinwirkung nicht festetellen

Ob dem ein Stoß voranging oder es keine Fremdeinwirkung gab, konnte der Sachverständige nicht feststellen. Im Fall eines Stoßes müsste die Frau einen solchen laut Reiter allerdings in den Rücken und nicht – wie von ihr geschildert – von vorn erhalten haben.

An der gegenständlichen Kundgebung gegen die “Identitären” waren laut Veranstalter 1.000 Personen beteiligt. Am Weg vom Westbahnhof Richtung Innenstadt war es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und linken Demonstranten gekommen. 37 Demonstranten wurden vorübergehend festgenommen, einer von ihnen landete wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt sogar in U-Haft.

>> Schwere Vorwürfe gegen Wiener Polizisten

(APA)

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