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Feuer-Inferno in Londoner Wohnkomplex: Mindestens zwölf Tote

Bei dem verheerenden Hochhausbrand in London ist die Zahl der Todesopfer auf zwölf gestiegen, wie Scotland Yard am Mittwoch bestätigte. Befürchtet wurde, dass noch weitere Menschen ums Leben gekommen sind. Mehrere Bewohner würden noch vermisst, sagte ein Polizeisprecher am Mittwoch.
Londoner Hochhaus in Flammen
Hochhausbrand: Über 200 Rettungskräfte im Einsatz
NEU

Zuvor waren die Behörden von mindestens sechs Toten ausgegangen. Bis zum frühen Abend waren nach Angaben der Rettungskräfte mindestens 79 Patienten in Spitälern behandelt worden, 18 von ihnen seien in einem kritischen Zustand. Die Feuerwehr sucht derzeit noch immer das Gebäude nach Eingeschlossenen ab. Der Rettungseinsatz wird nach Angaben der Polizei mehrere Tage dauern. Die Ursache des Brands war zunächst unklar. Das Feuer war in der Nacht ausgebrochen, am frühen Morgen stand das Gebäude mit 24 Stockwerken im Stadtteil Kensington noch lichterloh in Flammen. Bis zum Abend blieb das Gebäude stabil genug, um darin nach eingeschlossenen Menschen zu suchen.

Augenzeugen schildern dramatische Szenen

Eine Augenzeugin schilderte laut der Zeitung “Evening Standard” von schockierenden Szenen. Samira Lamari schilderte, wie eine Mutter ihr Baby aus dem neunten oder zehnten Stock habe fallen lassen. Sie vertraute wohl darauf, dass es den Sturz überleben könnte. Tatsächlich habe ein Passand das Kind gefangen.

“Ich sah wie immer mehr Menschen an den Fenstern des Gebäudes erschienen – sie schrien um Hilfe”, berichtet Lamari. “Eines der Fenster wurde einen Spalt geöffnet und eine Frau deutete an, ein Baby hinauszuwerfen. Ein Mann ist an das Gebäude gelaufen und hat es tatsächlich gefangen!”

Eine andere Augenzeugin berichtet von einer Mutter, die ihren etwa fünf Jahre alten Sohn aus dem fünften oder sechsten Stock warf. “Ich denke, er ist ok. Ich denke, er hat sich vielleicht ein paar Knochenbrüche und Schrammen zugezogen”, zitiert die Zeitung die Frau mit dem Namen Zara.

Khan: “Bedeutender Vorfall”

Bürgermeister Sadiq Khan sprach von einem “bedeutenden Vorfall” – eine Bezeichnung der britischen Behörden für eine Lage, die besondere Vorkehrungen durch einen oder mehrere Rettungsdienste erfordert.

Nach Angaben von Scotland Yard ist der Vorfall aber kein Terroranschlag. Das teilte eine Polizeisprecherin am Mittwoch auf Anfrage mit.

Livestream aus London

Feuerwehr entwarnt: Keine Einsturzgefahr

Angesichts des massiven Feuers gab es laut BBC Befürchtungen, das 27-stöckige Hochhaus könnte möglicherweise einstürzen. Das berichtete der Sender am Mittwochmorgen. Trümmerteile flogen aus dem Gebäude, wie ein dpa-Reporter berichtete. Hin und wieder knallte es in dem 24-stöckigen Gebäude. Die Polizei hat alle Wege zum Gebäude hermetisch und weiträumig abgeriegelt. Mittlerweile gehe die Feuerwehr jedoch davon aus, dass das Gebäude stabil bleibe.

Anwohner berichteten der Deutschen Presse-Agentur, dass die Feuerwehr große Probleme habe, das Flammenmeer des 27-stöckigen Hauses zu löschen. Dort sollen auch viele Familien mit Kindern leben. Es seien Schreie zu hören. Menschen sollen aus Fenstern gesprungen sein, um sich zu retten. Auf Videos war zu sehen, dass die Flammen auf den gesamten Wohnkomplex übergegriffen hatten.

Fernsehmoderator George Clarke, der in der Nähe wohnt, sagte dem Sender BBC Radio 5, er könne Menschen ganz oben auf dem Hochhaus sehen. Er habe zunächst gedacht, dass eine Alarmanlage in einem Auto losgegangen sei und habe dann die Glut durch die Fenster gesehen. “Ich wurde mit Asche bedeckt, so schlimm ist es. Ich bin 100 Meter weg und ich bin vollständig mit Asche bedeckt.”

There isn’t a single word to describe how horrific this is to watch…I feel so helpless. I pray everyone gets out

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Bedingungen extrem hart

Die Polizei twitterte, die Gegend nordwestlich vom Hyde Park solle gemieden werden. Dan Daly von der Feuerwehr sagte, die Feuerwehrleute würden Atemmasken tragen, die Arbeit sei extrem hart und die Bedingungen sehr schwierig. “Das ist ein großer und sehr schwerwiegender Vorfall.” Man habe zahlreiche Helfer und Spezialisten entsandt.

Die Polizei wurde eigenen Angaben zufolge kurz nach 01.00 Uhr (Ortszeit) alarmiert. Nach Angaben des Stadtbezirks Royal Borough of Kensington and Chelsea sind in dem Hochhaus 120 Wohnungen. Es wurde 1974 errichtet und umfassend modernisiert.

Das Areal rund um das brennende Hochhaus in London ist weiträumig abgesperrt worden. Feuerwehr, Polizei und Rettungskräfte sind vor Ort. “Wir müssen die Leute in Sicherheit bringen und sie so schnell wie möglich medizinisch versorgen”, sagte der Leiter der Rettungskräfte, Stuart Crighton, am frühen Mittwochmorgen.

Mangelnder Brandschutz

In dem brennenden Hochhaus in London soll es bereits Beschwerden über unzureichenden Feuerschutz gegeben haben. Das berichteten mehrere Anwohner am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Augenzeugen sagten zudem, das Feuer sei im unteren Teil des Gebäudes mit mehr als 20 Stockwerken ausgebrochen und habe sich dann nach oben durchgefressen.

Hochhausbrand in London
Hochhausbrand in London

Tragische Schicksale der Bewohner

Ein Elfjähriger hat mit seinem Vater am Mittwochmorgen verängstigt vor den Absperrungen beim brennenden Hochhaus in der britischen Hauptstadt gestanden. “So etwas habe ich in London noch nicht gesehen”, sagte der 44-jährige Vater der Deutschen Presse-Agentur. Ein Schulfreund seines Sohnes lebe in dem 24-stöckigen Gebäude. Sie hätten von dem Jungen noch nichts gehört.

Nach Angaben einer Augenzeugin war es unmöglich, den um Hilfe schreienden Menschen im brennenden Hochhaus zu helfen. Das ganz Gebäude habe in relativ kurzer Zeit in Flammen gestanden, sagte die Frau am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in London. “Wir konnten nichts tun. Ich habe viele Leute gesehen, die mit Laken am Fenster standen. Meine Freunde haben beobachtet, wie Menschen weit oben aus den Fenstern gesprungen sind.”

I’ve never seen anything so horrific in my entire life….there are a lot of people who can’t get out…

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In dem Hochhaus soll es laut Anrainern Beschwerden über unzureichenden Brandschutz gegeben haben. Ein Anrainer-Kollektiv hatte laut Medienberichten vor einem Jahr vor der Gefahr eines Brandes im Grenfell Tower gewarnt. Während Umbauarbeiten gebe es nur einen Zugang zu dem Gebäude, heißt es auf einem Blog-Eintrag der Grenfell Action Group. “Die Möglichkeit, dass in der Eingangshalle ein Feuer ausbricht, ist fast unvorstellbar”, heißt es in dem Blog-Eintrag. “Die Einwohner würden in dem Gebäude in der Falle sitzen, ohne jede Fluchtmöglichkeit.”

(APA/dpa/Red.)

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