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Mann in Wien-Brigittenau getötet: Offenbar kein gezielter Kopfschuss

Der Tatort im 20. Bezirk in Wien.
Der Tatort im 20. Bezirk in Wien. ©APA/Herbert Pfarrhofer
Jener Mann, der am Ostersonntag in der Brigittenau erschossen wurde, starb offenbar nicht an einem gezielten Kopfschuss. Dafür sprechen die Erkenntnisse aus einem Polizeibericht.
Verdächtiger in U-Haft
Schütze spricht von unabsichtlichem Schuss
Mann durch Kopfschuss getötet

Der 26-jährige Angestellte, der am Ostersonntag auf offener Straße in Wien-Brigittenau erschossen wurde, ist offenbar an keinem gezielten Schuss in den Kopf gestorben. Das ergibt sich aus einem Polizeibericht, der sich im Ermittlungsakt befindet und in den die APA Einblick nehmen konnte.

Der Bericht bezieht sich auf die Obduktion der Leiche und die dabei getroffenen Feststellungen. “Der Schuss ging vorerst in den rechten Oberarm, welchen das Opfer offenbar gehoben hatte, drang danach im Bereich der rechten Wange ein und im oberen Kopfbereich wieder aus”, hält die Kriminalpolizei fest.

Darüber hinaus liegen mittlerweile Zeugenaussagen vor, welche die “Schießunfall”-Version des Schützen stützen, der sich wegen Mordverdachts in U-Haft befindet. Der 27-Jährige hatte sich unmittelbar nach der Tat in einer nahe gelegenen Polizeiinspektion freiwillig gestellt und erklärt, er habe sich gegen den Mann mit bosnischen Wurzeln gewehrt. Dabei sei der Schuss unabsichtlich losgegangen.

Mann in der Brigittenau erschossen: Verdächtiger spricht von Unfall

Der Verdächtige hatte sich am 16. April mit dem später Getöteten zu einer Aussprache verabredet. Das Treffen im Cafe “Blanco” in der Jägerstraße verlief zunächst friedlich, ehe sich vor dem Lokal eine Auseinandersetzung um eine gemeinsame Bekannte der beiden Männer entwickelte. Der 26-Jährige – angeblich ein Kampfsportler – soll dem gebürtigen Kosovaren einen Faustschlag ins Gesicht versetzt haben, worauf dieser zunächst zu einem Pfefferspray und – als er damit sein Ziel verfehlte – einer geladenen Schusswaffe griff, die er eingesteckt hatte. Seiner Darstellung zufolge wollte der Mordverdächtige die Waffe seinem Kontrahenten bloß auf den Kopf schlagen. Plötzlich habe es gekracht.

Zwei völlig unbeteiligte Zeugen haben dazu Wahrnehmungen gemacht, die gegen einen zielgerichteten Kopfschuss sprechen. Bei den beiden handelt es sich um einen 24-Jährigen und eine Bekannte des Mannes, die am Gaußplatz mit seinem Hund unterwegs waren. Die zwei bekamen aus einer Entfernung von 30 bis 40 Metern zufällig den Streit mit, an dem möglicherweise bis zu fünf Männer beteiligt waren. “Jedenfalls wirkte es so, als ob sich der Mann, der die Waffe gehalten hat, nicht wirklich mit der Handhabung der Waffe ausgekannt hat. Es wirkte eher unbeholfen und er hat mit der Hand, in welcher er die Waffe gehalten hat, weit ausgeholt. Er hat die Waffe nicht gezielt im Anschlag in der Hand gehalten”, gab der 24-Jährige in seiner polizeilichen Befragung zu Protokoll.

Seine Bekannte betonte gegenüber den Kriminalisten, sie habe zum Zeitpunkt der Schussabgabe “genau in Richtung der Männer geschaut”. Die Frau erklärte als Zeugin unter Wahrheitspflicht: “Jener Mann, der die Waffe in der Hand gehalten hat, hat seinen Arm, mit dem er die Waffe in der Hand gehalten hat, unkoordiniert schräg von unten nach oben bewegt und hat dabei dann einen Schuss abgefeuert.” Sie könne nicht sagen, “ob dies mit Absicht oder versehentlich passiert ist”.

“Er hat diese Schusswaffe wie ein Wurfgeschoß gehalten.”

Mittlerweile formell als Zeuge vernommen wurde auch jener Bekannte des Schützen, der mit seinem Pkw gerade die Jägerstraße entlangfuhr, als der Streit eskalierte. Er hatte den 27-Jährigen unmittelbar nach dem tödlichen Schuss zur Polizei chauffiert. Dieser hätte die Waffe “komisch gehalten”, legte dieser Zeuge dar: “Er wollte ziemlich sicher mit der Waffe zuschlagen, denn würde man schießen wollen, würde man eine Schusswaffe anders halten. Er hat diese Schusswaffe wie ein Wurfgeschoß gehalten.”

Entscheidende Bedeutung im weiteren Verlauf des Ermittlungsverfahrens wird den Sachverständigengutachten zukommen. Neben dem schriftlichen Obduktionsgutachten des Gerichtsmediziners wird mit Spannung auf die Auswertung eines Chemikers zu den Schmauchspuren gewartet. Ein Ballistiker soll wiederum anhand des Schusskanals den Tathergang rekonstruieren und vor allem klären, inwieweit sich die Darstellung des Schützen mit der Machart und Funktionsweise der sichergestellten Waffe in Einklang bringen lässt.

(APA, Red.)

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