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Dreifachmord in Wien und Göteborg: Prozess ergab Einweisung in Anstalt

Der Angeklagte (M.) vor Prozessbeginn im Fall "Wiener Ehepaar in Aspern getötet
Der Angeklagte (M.) vor Prozessbeginn im Fall "Wiener Ehepaar in Aspern getötet ©APA/HERBERT PFARRHOFER
Nach kurzer Beratung hat ein Wiener Gericht am Mittwoch im Prozess wegen des aufsehenerregenden Mordes an einem Wiener Ehepaar sowie einem Pensionisten in Göteborg die Einweisung beschlossen. Der 30-jährige Angeklagte leidet seit rund zehn Jahren an einer unbehandelten paranoiden Schizophrenie und ist daher zurechnungsunfähig.
Beim Prozess in Wien
Prozessbeginn am Mittwoch
Tatort und Tatwaffe
Täter wird ausgeliefert
Mordverdacht in Schweden
Tod durch Erschlagen
Ehepaar tot gefunden
Am Tatort in Donaustadt

Wegen drei aufsehenerregender Morde in Wien und in Göteborg hat sich am Mittwoch ein 30-jähriger Mann vor Gericht verantworten müssen, der über seine Bluttaten völlig emotionslos berichtete. Der geistig kranke Angeklagte sah sich selbst verflucht, leidet seit über zehn Jahren an einer massiven paranoiden Schizophrenie. Er wurde daher in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Der Beschluss des Gerichtes, der nach nur 45-minütiger Beratung erfolgte, ist bereits rechtskräftig.

Rechtskräftiges Urteil: Einweisung in Anstalt

“Ich nehme das Urteil an”, sagte der 30-jährige Angeklagte sofort, der bereits seit seiner Verhaftung in der Sonderanstalt in Göllersdorf untergebracht ist und dort behandelt wird. Staatsanwältin Kristina Jahn verzichtete ebenfalls Rechtsmittel.Der gebürtige Pole, der nicht nur in seiner Heimat, sondern auch in den Niederlanden, in Deutschland und in Großbritannien zum Teil einschlägig vorbestraft ist, leidet seit 2006 an der Geisteskrankheit, die jedoch bisher unbehandelt blieb. Seinen Lebensunterhalt bestritt er mit Einbrüchen, wobei es ihm nicht darum ging, große Beute zu machen, sondern sich in unbewohnten Häusern zu verköstigen, zu duschen und zu schlafen. Stimmen in seinem Kopf befahlen ihm, wohin er gehen soll.

Beim Prozess in Wien

Hergang der Bluttat in Wien-Aspern

Gegenstand der Verhandlung war auch eine Bluttat in Göteborg, die auf Ersuchen der schwedischen Behörden in das Wiener Verfahren einbezogen wurde. Wie sich bei den Ermittlungen herausstellte, wies die Bluttat in Aspern frappante Parallelen zu einem Mord an einem 79-Jährigen auf, den der Mann knapp vier Wochen zuvor in Schweden begangen hat.

Im vergangenen Jahr kam er mit Fahrrad über Znaim nach Wien. Als ihm am Praterstern ein Bekannter Gummihandschuhe schenkte, “hab ich das als Signal gesehen, dass ich irgendwo einbrechen soll”, berichtete der Angeklagte der Vorsitzenden des Schwurgerichts, Nina Steindl. Der 30-Jährige fuhr mit der U-Bahn nach Aspern und ließ sich auf einem verwilderten Grundstück nieder, wo er zunächst im Freien hauste. Hunger und Durst dürften ihn schließlich dazu getrieben haben, in das Haus eines älteren Ehepaars einzudringen. Mithilfe eines Hammers und eines Blechs machte er sich daran, eine Tür des Hauses eines 75-jährigen, ehemaligen Bezirksrates und seiner 74 Jahre alten Frau aufzubrechen. Das Ehepaar wurde jedoch aufgrund des Lärms auf den Mann aufmerksam und gingen in den Garten, um nachzusehen. Dort ging der 30-Jährige sofort auf das Paar los.

30-Jähriger verging sich an sterbender Frau

Der mit einem Messer bewaffnete Mann stach auf den Pensionisten 38 Mal ein, dabei hielt er den Kopf seines Opfers fest, um mit der Waffe vor allem den Hals und Nackenbereich zu treffen. “Der Tod ist sehr schnell eingetreten”, sagte Gerichtsmediziner Christian Reiter. Die Frau des Ex-Politikers überlebte den Angriff des Polen zunächst, obwohl sie 29 Stichverletzungen erlitt. Der 30-Jährige verging sich an der sterbenden Frau, ehe er in das Haus des Paares ging, um sich zu duschen. Als er merkte, dass die Frau noch schwer atmete, nahm er einen Spaten und schlug zu.

Der Sohn des Paares entdeckte in der Nacht auf den 22. Mai 2015 die übel zugerichteten Leichen seiner Eltern im Eingangsbereich des Hauses in der Böckingstraße bzw. im Garten. Am Körper der Frau hatte der Täter mit Holzlasur den Schriftzug “Tantal” hinterlassen, ehe er das Weite suchte. Er wurde Anfang Juni mit Europäischem Haftbefehl in Düsseldorf festgenommen und zur Strafverfolgung an die Wiener Justiz ausgeliefert.

Pole hinterließ auf Leichen das Wort “Tantal”

Bisher hatte sich der Pole nicht dazu geäußert, was das Wort “Tantal” bedeutet. “Das ist ein griechischer Gott, der verflucht worden ist”, erklärte er nun vor Gericht. “So wie ich verflucht bin. Die Halluzinationen, an denen ich leide, sind ein Fluch”, meinte der 30-Jährige, dessen rechter Unterarm den tätowierten Schriftzug “Dolce Vita” zierte.

Gegenstand der Verhandlung war nämlich auch eine Bluttat in Göteborg, die auf Ersuchen der schwedischen Behörden in das Wiener Verfahren einbezogen wurde. Wie sich bei den Ermittlungen herausstellte, wies die Bluttat in Aspern frappante Parallelen zu einem Mord an einem 79-Jährigen auf, das der Mann knapp vier Wochen zuvor in Schweden begangen hat. Auch bei dem Fall in Schweden hatte der 30-Jährige mit Blut des Opfers “Tantal” auf den Boden geschrieben.

Paranoide Schizophrenie: Einweisung in Anstalt

Der Antrag der Staatsanwaltschaft stützte sich auf ein psychiatrisches Gutachten von Karl Dantendorfer, demzufolge der 30-Jährige zum Tatzeitpunkt zurechnungsunfähig war und von ihm weiterhin Gefahr ausgeht. Der gebürtige Pole leidet an einer durchgehenden paranoiden Schizophrenie und ist dem Sachverständigen zufolge nicht schuldfähig, weshalb ihm kein Mordprozess gemacht werden konnte. “Wenn Sie die Toten vor sich liegen sahen, empfanden sie da was”, fragte Richterin Steindl. “Nein”, meinte der Angeklagte. “Ich wusste nicht, ob ich etwas Gutes oder Schlechtes tue.” – “Würden Sie es wieder machen?”, so Steindl. “Ja”, sagte der 30-Jährige.

In der Sonderanstalt Göllersdorf wird er nun behandelt. “Ich bekomme Pillen, die mir gut tun. Ich hatte dort nur eine Halluzination, dass ich ein Buch schreiben soll”, sagte der 30-Jährige, der vor Gericht von Anwalt Victor Valent vertreten wurde. Der Mann wird nun ohne zeitliche Begrenzung so lange im Maßnahmenvollzug angehalten, bis Experten überzeugt sind, dass von ihm keine Gefahr mehr ausgeht.

>>Vor dem Prozess in Wien

(apa/red)

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