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Geschäftsmann in Wien-Ottakring erstickt: Prozess um Raubmord

In diesem Haus wurde die Leiche des Geschäftsmannes gefunden.
In diesem Haus wurde die Leiche des Geschäftsmannes gefunden. ©APA
Im November 2012 wurde die Leiche des 54-jährigen Rudolf L. in Wien-Ottakring gefunden. Der Geschäftsmann war in seiner Wohnung überfallen worden und von den Tätern so gefesselt, dass er sich selbst strangulierte. Die Beute: 100 Euro. Am Dienstag hat der Raubmord-Prozess begonnen. Den beiden Angeklagten droht lebenslange Haft.
Leiche in Ottakring gefunden
Polizei spricht nicht von Mord
Ermittlungen führen nach Russland
Verdächtige festgenommen
Bilder vom Tatort

Als Staatsanwältin Barbara Hoffmann den Geschworenen Bilder vom Tatort mit der in Bauchlage aufgefundenen, wie ein Paket verschnürten Leiche präsentierte, stockte selbst abgebrühten Gerichtsberichterstattern der Atem.

Opfer in eigener Wohnung gefesselt

Dem Betreiber eines Inkasso-Büros waren, nachdem er zu Boden gebracht worden war, zunächst die Hände auf den Rücken gefesselt worden. Im Anschluss wurde er an den Füßen und Beinen verschnürt. Danach schlang man ihm ein Seil um den Hals und verband dieses straff mit den Fersen, so dass dem Mann – sooft er sich bewegte und aus seiner Lage zu kommen versuchte – ein bisschen mehr die Luft abgeschnürt wurde.

Geschäftsmann wegen 100 Euro qualvoll erstickt

Darüber hinaus hatte man ihm um den Kopf ein Leintuch gewickelt, so dass er weder durch Mund noch Nase atmen konnte. Der 54-Jährige dürfte aufs Qualvollste erstickt sein. Zudem hatte man ihn offenbar auch geschlagen – im Gesicht- und Kopfbereich waren Rissquetschwunden und entsprechende Blutungen feststellbar.

Die Leiche wurde erst am 9. November entdeckt. Zu diesem Zeitpunkt waren die Angeklagten – der 28 Jahre alte Tudorel P. und der 25-jährige Catalin S. – längst über alle Berge. Sie hatten sich mit dem Pkw des Getöteten zunächst nach Padua abgesetzt, wo sie die bescheidene Beute aufteilten.

Zweitägiger Raubmord-Prozess in Wien

Laut Anklage hatten sie aus der Wohnung in der Hubergasse 100 Euro Bargeld, einen Laptop, ein Netbook, zwei Speicherkarten, ein Mobiltelefon, zwei USB-Sticks und eine Jacke mitgenommen.

Nun droht den beiden wegen Raubmordes lebenslange Haft. Die Verhandlung ist auf zwei Tage anberaumt und soll am Mittwochnachmittag zu Ende gehen. Die zwei Männer stellten vor dem Schwurgericht (Vorsitz: Ulrich Nachtlberger) die Tötungsabsicht in Abrede. “Wir wollten das Geld stehlen. Ich habe alles schnell und schlecht gedacht. Ich habe nicht über die Konsequenzen nachgedacht”, sagte der Erstangeklagte. “Detailliert haben wir nichts geplant. Das war so plötzlich. Wir haben nicht darüber nachgedacht, dass er sterben wird”, meinte Catalin S.

So lernten sich Täter und Opfer kennen

Tudorel S. hatte Rudolf L. Anfang des vergangenen Jahres in Wien kennengelernt. Denn der 54-jährige Geschäftsmann war über ein Internet-Forum in Kontakt mit der Lebensgefährtin des Rumänen gekommen. Diese – offenbar länderübergreifend als Escort-Girl tätig – war von Rudolf L. nach Wien eingeladen worden, der im Internet gezielt nach möglichen SM-Partnerinnen suchte.

Der Wiener und die junge Frau dürften sich sehr gut verstanden haben. Er ließ nicht nur sie, sondern im September 2012 auch ihren Freund mehrere Wochen bei sich wohnen. Und er versprach Tudorel P., diesem bei der Suche nach einer Arbeit zu helfen.

Rudolf L. wirkte wohlhabend

Offenbar dürfte der 28-Jährige den Eindruck gewonnen haben, bei dem Betreiber eines Inkasso-Büros wäre viel Geld zu holen. Er ließ den befreundeten Catalin S. mit dem Bus von Rumänien kommen und verschaffte sich am 4. November 2012 mit der Angabe, er wolle Rudolf L. etwas zum Abendessen kochen, Zutritt in dessen Wohnung. Mit der Vorgabe, noch Wein besorgen zu wollen, verschwand er dann kurz, um mit seinem Freund, der in einem nahe gelegenen Park gewartet hatte, zurückzukehren.

Als die beiden wieder in der Wohnung waren, wurde der Inhaber am Schreibtisch sitzend von hinten überfallsartig angegriffen und mit Gewalt zu Boden gebracht. Rudolf L. dürfte sich heftig gewehrt haben, hatte gegen die beiden jungen Männer aber keine Chance.

Angeklagte schoben sich Schuld zu

Vor den Geschworenen schoben sich die Angeklagten nun gegenseitig die Verantwortung dafür zu, auf den wehrlosen, bereits wie ein Paket zusammengeschnürten Mann eingeschlagen zu haben. Auf die Frage, ob er das Blut nicht bemerkt habe, erwiderte Tudorel P.: “Wahrscheinlich hatte er Nasenbluten.”

“Sie wollten, dass er aufhört zu atmen. Sie wollten, dass er aufhört zu leben”, hielt die Staatsanwältin dem entgegen. Einzig und allein deswegen sei das Opfer gefesselt und geknebelt worden. Tudorel P. behauptete demgegenüber, er habe geglaubt, die Nachbarin werde den Mann “am nächsten Tag” lebend finden.

Festnahme des Duos

Die zwei Rumänen hatten sich getrennt, nachdem sie mit dem gestohlenen Auto des 54-Jährigen Padua erreicht hatten. Weil Tudorel P. noch in Wien von einer Überwachungskamera gefilmt worden war, als er mit der ebenfalls entwendeten Kreditkarte des Opfers Geld beheben wollte, wurde nach dem Verdächtigen per Europäischem Haftbefehl gesucht. Er konnte Anfang Dezember 2012 in Spanien festgenommen werden.

Für seinen Komplizen klickten erst Mitte August 2013 in Rumänien die Handschellen, nachdem die Freundin des Erstangeklagten, gegen die ursprünglich in Richtung einer Mittäterschaft ermittelt worden war – in ihrem Fall ließ sich weder eine Beteiligung noch eine Mitwisserschaft an dem Verbrechen nachweisen – , Catalin S. als möglichen Mithelfer bezeichnet und seine Adresse bekannt gegeben hatte.

(apa/red)

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