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Zwei Jahre Offener Bücherschrank in Wien: Der Betreiber zieht Bilanz

Die Offenen Bücherschränke erfreuen sich höchster Beliebtheit
Die Offenen Bücherschränke erfreuen sich höchster Beliebtheit ©Frank Gassner
Zwei Jahre gibt es sie bereits: Offene Bücherschränke in Wien. Wie lautet die Bilanz des Betreibers nach 24 Monaten Offener Bücherschrank? Vienna Online hat bei Frank Gassner nachgefragt - dem Wiener Künstler, der das Projekt ins Leben gerufen hat.
Offene Bücherschränke in Wien
Nitsch gestaltet Bücherschrank
Vandalen beschädigen Schränke
Aktion jetzt auch im 7. und 9.
Erster Bücherschrank eröffnet

Am 5. Februar 2010 war es soweit – der erste Offene Bücherschrank in Wien wurde eröffnet. An der Ecke Zieglergasse/Westbahnstraße in Wien-Neubau hieß es ab diesem Zeitpunkt: Geben, Nehmen und Lesen. Inzwischen gibt es zwei weitere der Offenen Bücherschränke in Alsergrund und Ottakring, aus denen man ebenfalls ganz nach Belieben gratis Bücher holen kann. Und natürlich auch bringen, was man selber nicht mehr liest, andere aber brauchen könnten.

Geben mindestens so selig wie Nehmen

Die anfängliche Befürchtung, das sich das Geben und Nehmen hier nicht die Waage halten könnte, war vollkommen unbegründet. Teilweise wird laut Frank Gassner, der das Projekt “Offener Bücherschrank” ins Leben gerufen hat, sogar mehr gegeben als genommen – die Schränke gehen phasenweise über, vor allem jener im 7. Bezirk.

Aber auch der Schrank in Wien-Ottakring darf sich über mangelnden Andrang nicht beklagen. “Der ist oft am Vormittag voll, am Nachmittag leer, am Abend wieder voll,” freut sich Gassner.

100.000 Besuche beim Offenen Bücherschrank

Der Mann hinter dem Projekt zeigt sich generell davon begeistert, wie gut die Aktion angenommen wird, und hat dazu auch ein paar Zahlen für uns: Beeindruckende 100.000 Mal ging der Schrank seinen Berechnungen zufolge in den letzten 24 Monaten auf und zu. Diese Zahl ergibt sich aus den durchschnittlich fünf Menschen, die pro Stunde die Bücherschränke frequentieren.

Und einige davon sehen die Schränke auch als ein persönliches Projekt, an dem sie teilhaben – so wird der Schrank beispielsweise nicht nur von ihnen befüllt und geleert, sondern auch entrümpelt. Manche der Benutzer zeigen Gassner ihre Dankbarkeit auch durch Mails und Zettel mit positivem Feedback, die sie an den Bücherschränken hinterlassen.

Auch Vandalenakte gab es schon

Meistens, aber nicht immer werden die Bücherschränke übrigens positiv angenommen. So waren diese an allen drei Standorten in der Vergangenheit auch bereits Opfer von Vandalismus. Dass sämtliche Bücherschränke schief stehen, ist übrigens nicht auf einen Vandalenakt zurückzuführen, sondern durchaus gewollt. Denn auf diese Art können die Schränke der Witterung besser trotzen, indem Regen und Schnee sich nicht darauf sammeln, sondern abfließen können – und der wertvolle Lesestoff weitgehend geschützt ist. Nicht nur entworfen, sondern auch gebaut hat Gassner die Bücherschränke übrigens mit seinen eigenen Händen. Nicht umsonst betreibt der Künstler ja eine selbstverwaltete Werkstätte mit: Werkimpuls.

Vandalenakte wie diese, die übrigens nie aufgeklärt werden konnten, blieben jedoch glücklicherweise die absolute Ausnahme. Ansonsten werden laut Gassner maximal Aufkleber oder Ähnliches auf die Bücherschränke geklebt. “Aber da es eben ein Teil des Öffentlichen Raumes ist, muss man das akzeptieren – das ist ja beispielsweise rund um die Öffis auch nicht anders.” Dass die Bücherschränke den Öffentlichen Raum beleben, ist für Gassner übrigens das Wichtigste an seinem Projekt.

Bereicherung des Öffentlichen Raums

“Es geht mir bei den Offenen Bücherschränken gar nicht so sehr um die Bücher, sondern um das nicht-kommerzielle Projekt im Öffentlichen Raum und die soziale Komponente – dass dort ein Austausch zwischen Menschen stattfindet,” so Gassner. “Zu sehen, dass es funktioniert, das ist schön.”

Gassner hat das Pferd hier praktisch von hinten aufgezäumt – am Anfang stand der Wunsch, etwas im Öffentlichen Raum zu machen, dann erst folgte die Bücherschrank-Idee. Dass es dergleichen in diversen deutschen Städten schon gab, fand Gassner erst heraus, nachdem ihm selbst bereits der Gedanke gekommen war. Auf der Homepage zum Projekt dokumentiert er unter anderem, wo sich sonst noch Offene Bücherschränke befinden.

Finanzierung in Eigenregie

Finanzieren tut Gassner das Projekt übrigens fast vollständig aus der eigenen Tasche. “Zu drei Vierteln zahle ich es, der Rest sind Spendengelder. Denn wer das Projekt unterstützen will, kann an den “Verein Offene Bücherschränke” Geld spenden. 1.000 bis 1.200 Euro sind auf diese Art bereits zusammengekommen. Natürlich ist dies nur die Spitze des Eisbergs – die Gesamtkosten für das Projekt schätzt Gassner auf rund 11.000 bis 12.000 Euro.

Den Verein musste Gassner gründen, um in Wien überhaupt Bücherschränke aufstellen zu können. Das Ansuchen um Förderungen hat er anfangs versucht, dann aber mangels Erfolg rasch aufgegeben. Wie er berichtet, besteht die Ironie hier darin, dass anfangs niemand das Projekt unterstützen wollte – als sich aber der Erfolg einstellte, wollten es plötzlich seitens diverser Bezirkspolitiker und Co. alle möglich gemacht haben und bei den Feierlichkeiten Reden halten.

Jubiläumsfeier am Sonntag

Das zweijährige Bestehen der Bücherschränke wird natürlich entsprechend gefeiert: Am Sonntag, dem 5. Februar ab 15:00 Uhr ist Frank Gassner gemeinsam mit Hermann Nitsch, der dem Schrank in Neubau ein neues Gesicht verleiht, vor Ort, um das Jubiläum entsprechend zu begehen.

Freunde und Fans sind herzlich eingeladen, mit dabei zu sein – und wer noch nie einen Offenen Bücherschrank besucht hat, könnte diese Gelegenheit nutzen, um sich das spannende Projekt einmal aus der Nähe anzusehen …

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