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Flüchtlinge als Möbelbauer im Asylquartier in Wien-Erdberg tätig

Beim Fototermin im Flüchtlingshaus Erdberg: "Wie Flüchtlinge sich ihr Zuhause selbst gestalten"
Beim Fototermin im Flüchtlingshaus Erdberg: "Wie Flüchtlinge sich ihr Zuhause selbst gestalten" ©APA/HERBERT PFARRHOFER
Eine Werkstatt im Asylquartier: Im Wiener Flüchtlingsquartier Erdberg stößt man plötzlich auf überraschende Sinneseindrücke. Es riecht nach frischem Holz, Sägelärm ist zu hören, eine Bohrmaschine heult kurz auf. Dahinter steckt ein Sozialprojekt.
Eindrücke des Projekts
Verteidigung des Asylquartiers

Asylwerber bauen hier Tische, Sitzgelegenheiten oder Küchenmobiliar für Gemeinschaftsräume der Unterkunft. Möglich macht dies ein Sozialprojekt, das am Montag Medienvertretern vor Ort in Wien-Landstraße präsentiert wurde.

600 Flüchtlinge leben im Asylquartier in Wien-Erdberg

Rund 600 Menschen leben derzeit in der früheren Zollamtsschule, die nun von der Caritas und dem Samariterbund im Auftrag des Fonds Soziales Wien als Flüchtlingsquartier betrieben wird. “Viele Menschen warten lange auf ihren Asylbescheid. Deshalb ist es wichtig, die Leute zu beschäftigen, ihre Talente zu fördern, ihnen Alltagsstruktur zu bieten”, erklärte Hausleiterin Irmgard Joo. Das “Social Furniture”-Projekt ist einer jener Versuche, sinnvolle Beschäftigung in der Einrichtung zu etablieren – nicht zuletzt als Integrationsbeitrag.

Die Idee: Bewohner bauen Einrichtungsteile, die dann an verschiedenen Stellen des Hauses von allen benutzt werden können. Konzipiert hat den Vorstoß das Designbüro EOOS als Beitrag zur heurigen Architektur-Biennale in Venedig. 18 Möbeltypen, die recht simpel getischlert werden können, hat das Team entworfen. Seit Jänner gibt es die Werkstatt. “Mehr als 100 Bewohner haben hier schon gearbeitet”, erzählte Harald Gründl von EOOS. 300 Möbel sind schon fertig, weitere 500 gerade in Arbeit. Sie sind für unkommerzielle Zwecke auch gratis downloadbar unter diesem Link.

Holzplatten werden zu Möbeln verarbeitet

Als Werkstoff dienen die bekannten “Doka”-Schalungsplatten, die das Mutterunternehmen Umdasch kostenlos zur Verfügung stellt, wie Vorstandsvorsitzender Andreas Ludwig sagte. Bis Jahresende sollen rund 2.200 Quadratmeter der knallgelben Holzplatten zu Tischen, Hockern, Arbeitsflächen oder Einfassungen für Herde verarbeitet werden. Der Grund, warum die Möbel hauptsächlich in den Gemeinschaftsküchen zum Einsatz kommen: Man wolle den Bewohnern ein Maß an Selbstständigkeit zurückgeben und ihnen ermöglichen, für sich und die Familie selbst zu kochen, so Gründl. Es gibt aber auch Garderoben, Ping-Pong-Tische oder Mobiliar für einen improvisierten Friseursalon, den der Iraker Hadi Marzaei im Quartier betreibt.

Entlohnt werden die Werkstattmitarbeiter mit 3,5 bis 5 Euro pro Stunde. Das Geld firmiert unter “sozialtherapeutisches Taschengeld”, weil die Bezahlung von Arbeit für Flüchtlinge rechtlich nicht allzu einfach ist. Genau das kritisierte der Wiener Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner. Klar, man müsse hier behutsam umgehen, aber “mir tut fast weh, wie hier derzeit diskutiert wird”, verwies er auf die politische Debatte um Ein-Euro-Jobs in Zusammenhang mit gemeinnütziger Arbeit. Er forderte, den Arbeitsmarkt für Asylwerber nach sechs Monaten stufenweise zu öffnen.

(apa/red)

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