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Mordversuch unter jugendlichen Asylwerbern in Wien: Drei Jahre Haft

Am Wiener Straflandesgericht wurde der Prozess geführt
Am Wiener Straflandesgericht wurde der Prozess geführt ©VIENNA.at (Sujet)
Ein 18-jähriger Flüchtling, der in einer betreuten Wohngemeinschaft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Wien einen befreundeten 17-Jährigen im Streit niedergestochen hatte, ist am Dienstag in Wien wegen versuchten Mordes zu drei Jahren unbedingter Haft verurteilt worden.
Prozessbeginn in Wien
Opfer überlebt Bauchstich
Streit in WG eskaliert

Der anklagekonforme Schuldspruch der Geschworenen am Wiener Straflandesgericht fiel mit 5:3 Stimmen sehr knapp aus. Bei der Strafbemessung waren die bisherige Unbescholtenheit, die schwierigen Lebensumstände des Asylwerbers und sein junges Alter – zum Tatzeitpunkt war er noch 17 – mildernd.

Mehrere Messerstiche auf Flüchtling in Wien

Erschwerend wurde demgegenüber gewertet, dass er bei dem Vorfall in Wien-Leopoldstadt mehrfach auf seinen ebenfalls aus Afghanistan stammenden Freund einzustechen versucht hatte. Bei einem Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren erschien dem Gericht die verhängte Strafe tat- und schuldangemessen. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

Der Vorfall in Leopoldstadt

Die Burschen waren am 17. Mai 2014 wegen 20 Euro in Streit geraten. Der Jüngere hatte dem 18-Jährigen zu Jahresbeginn 35 Euro geborgt und nach einiger Zeit 15 Euro zurückbekommen. Weil der 18-Jährige notorisch unter Geldnot litt, erließ ihm der 17-Jährige die Restschuld. Als der Ältere jedoch sein Handy verkaufte und plötzlich doch über Bares verfügte, wollte sein Freund die 20 Euro nicht mehr in den Wind schreiben.

In der Küche der WG kam es zunächst zu einer verbalen Auseinandersetzung. Der 17-Jährige soll schließlich gegen die Schwester und Mutter seines Freundes ausfällig geworden sein. Der 18-Jährige lief darauf in sein Zimmer, kam mit erhobenem Messer (Klingenlänge: 17 Zentimeter) in die Küche zurückgerannt, und obwohl ein Betreuer und ein anderer Mitbewohner dazwischen gingen und ihn wegzureißen versuchten, gelang es ihm, dem 17-Jährigen die Klinge in den Bauch zu stoßen. Von weiteren Stichen konnte ihn der Betreuer mit entsprechender Körperkraft abhalten.

Lebensgefahr nach Bauchstich

Die fünf Zentimeter tiefe Stichwunde hatte eines Beschädigung des Darms zur Folge. Wäre nicht umgehend für notärztliche Hilfe gesorgt worden, “hätte Lebensgefahr bestanden”, gab der Staatsanwalt zu bedenken.

“Ich gebe zu, dass ich das Messer geholt habe und zustechen wollte. Aber ich habe nicht daran gedacht, dass ich ihn damit verletzten könnte”, gab der Angeklagte zu Protokoll. Er habe nur dafür sorgen wollen, “dass er Angst bekommt. Ich wollte, dass er nicht mehr schimpft und aufhört, meine Familie zu beleidigen.” Als er zugestochen habe, “war da auch kein Blut an meiner Hand oder dem Messer”.

“Wusste, dass ich Fehler begangen hab”

Nach dem Stich war der 18-Jährige davongelaufen und spazieren gegangen. Dabei telefonierte er mit einem weiteren WG-Mitbewohner und erfuhr, dass der 17-Jährige ins Spital gebracht worden war. Darauf fuhr er mit der Schnellbahn zum Praterstern und stellte sich der Polizei: “Ich wusste, dass ich etwas falsch gemacht habe und einen Fehler begangen habe.”

Der 18-Jährige war erst im vergangenen Dezember nach Österreich gekommen. Sein Vater habe sich den Taliban angeschlossen und ihn dazu überreden wollen, es ihm gleich zu tun. Als er sich weigerte, sei er geschlagen und misshandelt worden, berichtete der Jugendliche dem Schwurgericht (Vorsitz: Norbert Gerstberger).

So kam Urteil zustande

Bei der Strafbemessung waren die bisherige Unbescholtenheit, die schwierigen Lebensumstände des Asylwerbers und sein junges Alter – zum Tatzeitpunkt war er noch 17 – mildernd. Erschwerend wurde demgegenüber gewertet, dass er mehrfach auf seinen Freund einzustechen versucht hatte. Bei einem Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren erschien dem Gericht die verhängte Strafe tat- und schuldangemessen. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

(apa/red)

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