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Raster und Stacheldraht: Hofburg-Tore werden 40 Nächte lang künstlerisch beleuchtet

"DYSTOPIA EUTOPIA" auf den Burgtoren.
"DYSTOPIA EUTOPIA" auf den Burgtoren. ©APA/Victoria Coeln/Atelier Coeln AT
Die Künstlerin Victoria Coeln projeziert die Lichtinstallation "DYSTOPIA EUTOPIA" auf die Burgtore der Wiener Hofburg.

Sobald am Dienstagabend die Sonne untergeht, werden die äußeren Burgtore der Wiener Hofburg mit einem weißen Raster und Stacheldraht überschrieben. Im Zeitraum von 40 Nächten, bis 13. Juni, dient die Lichtinstallation “DYSTOPIA EUTOPIA” von Victoria Coeln anlässlich des “Fests der Freude” am 8. Mai als “Aufruf zur Wahrnehmung persönlicher politischer Verantwortung”.

Eutopie und Dystopie sind für die Wiener Lichtkünstlerin nicht gegenpolige Gesellschaften, sondern bedingen einander. Kein anderer Ort könne das Verhältnis von der Idealgesellschaft und ihrem Gegenbild besser thematisieren als der widersprüchliche Heldenplatz, heißt es in den Presseunterlagen: Das Fundament jener Heldenstatuen und prunkvollen Bauten, die Macht und Herrschaft symbolisieren, sind zumeist kriegerische Auseinandersetzungen; und wo auch heuer anlässlich der Befreiung vom NS-Regime vor 71 Jahren ein “Fest der Freude” gefeiert wird, begingen bis vor wenigen Jahren noch rechte Burschenschafter ihr “Totengedenken”.

Fragen, die Victoria Coeln beschäftigen

Bereits 2014 wählte Victoria Coeln das Heldentor als Ort einer Lichtintervention. Ging es ihr mit “Chromotopia Heldentor” darum, den umstrittenen Platz zu Ehren von Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner zu “neutralisieren”, will sie nun einen politischen Diskurs in Gang setzen. “In nur zwei Jahren haben sich Staat und Gesellschaft drastisch verändert”, sagt Coeln, die mit Licht arbeitet, um “Wirklichkeit neu zu denken und durch Handeln neue Anfänge zu setzen”. “Wir empfinden uns selbst an einer Schwelle, die wir nicht benennen können. Ist unsere Freiheit bedroht?”

Mehrere, an öffentlichen Masten montierte Scheinwerfer projizieren nachts Stacheldraht auf das Kranzgesims von Helden- und Michaelertor und tauchen die Fassaden in einen Raster, der von Diagonalen und architektonischen Elementen des Stephansdoms durchbrochen wird. Weckt der Stacheldraht bei der aktuellen politischen Situation Assoziationen von Grenzzäunen inmitten einer “Festung Europa”, kann auch die gestörte Ordnung des Rasters gesellschaftskritisch gelesen werden, so Kunsthistorikerin Kirsten Jesse: “Wie starr, wie offen ist unsere Gesellschaft? Wo stecken wir unsere eigenen Grenzen ab, wo erweitern wir unseren Raum?”

Die Intervention wolle keine eindeutigen Antworten geben, es gehe “um Anregungen, um einen Impuls, um offene Diskussionen” und das Überdenken eigener Positionen. Auf die heutige Eröffnung im Looshaus in Anwesenheit von unter anderem Victoria Coeln, Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) und Burghauptmann Reinhold Sahl folgt am 20. Mai ein Symposion zu “Dystopia Eutopia” ebenda in Kooperation mit der Universität für angewandte Kunst.

(APA, Red.)

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